Notenbanken

Norwegen überrascht mit kräftiger Zins­erhöhung

Weltweit kämpfen viele Notenbanken mit einer zu hohen Inflation, die unter anderem durch die Folgen des Ukraine-Kriegs angeheizt wird. Die meisten straffen ihre Geldpolitik deutlich – aber es gibt auch Ausnahmen.

Norwegen überrascht mit kräftiger Zins­erhöhung

ms Frankfurt

Die norwegische Zentralbank hat angesichts der ho­hen Inflation ihren Leitzins überraschend so stark angehoben wie seit 20 Jahren nicht mehr. Die Notenbank erhöhte am Donnerstag den Schlüsselsatz um 50 Basispunkte auf 1,25%. Das hatte es zuletzt im Jahr 2002 gegeben. Ökonomen hatten mehrheitlich mit einem Zinsschritt von 25 Basispunkten gerechnet. Die Währungshüter stellten zudem weitere Zinsschritte in Aussicht. Im September 2021 hatte die Norges Bank als erste Notenbank eines führenden Industrielandes seit Ausbruch der Corona-Pandemie ihren Zins erhöht.

Inzwischen kämpfen weltweit viele Notenbanken mit hochschnellenden Preisen, die unter anderem durch die Folgen des Ukraine-Kriegs angeheizt werden. Zugleich wächst wegen des Kriegs, aber auch wegen anderer Störfaktoren wie anhaltenden Lieferkettenproblemen, die Sorge vor einer globalen Rezession – was auch die internationalen Finanzmärkte belastet. Die Notenbanken stecken also in einem Dilemma.

Straffung auf den Philippinen

Die norwegische Zentralbank macht nun erneut klar, dass für sie ak­tuell die Inflationsbekämpfung Priorität hat. „Erwartungen einer längeren Phase mit hoher Inflation legen einen rascheren Anstieg des Leitzinses nahe als in früheren Vorhersagen“, sagte Notenbankgouverneurin Ida Wolden Bache. Eine schnellere Zinserhöhung jetzt werde das Risiko einer weiterhin hoch bleibenden Inflation und die Notwendigkeit einer später noch stärkeren Straffung verhindern. Die Währungshüter signalisierten, dass der Leitzins bis Mitte 2023 auf 3% steigen könnte. Bisher hatte sie bis Ende 2023 einen Zins von 2,5% angepeilt.

Auch die philippinische Zentralbank hob am Donnerstag ihren Leitzins an – um 25 Basispunkte auf 2,5%. Im August könnte es demnach eine weitere Anhebung um 25 Basispunkte geben. Die Zentralbank be­vorzugt ein weniger aggressives Tempo der Straffung und verweist auf die Notwendigkeit, das Wachstum zu unterstützen. „Obwohl die Inflation in diesem Jahr erneut über das Ziel hinausgeschossen ist, ist sie eher der Ansicht, dass der derzeitige Preisanstieg weitgehend kostengetrieben ist und daher keinen aggressiven Zinserhöhungszyklus rechtfertigt“, sagte Nicholas Mapa, Volkswirt bei der ING.

Die indonesische Zentralbank hielt ihren Leitzins am Donnerstag erneut auf einem Rekordtief und entschied sich dafür, Preisschocks und Währungsschwäche zu ignorieren, um die Wirtschaft weiter zu unterstützen. Die Bank Indonesia beließ ihren Schlüsselsatz bei 3,5%. „Indonesiens Zentralbank widersetzt sich dem Trend zu Zinserhöhungen angesichts der gedämpften Inflation“, so Mapa.

Ebenfalls unverändert bliebt am Donnerstag der Leitzins in der Türkei – das allerdings trotz einer rasanten Inflation. Die türkischen Währungshüter beließen den Leitzins bei 14%. Damit blieb der Satz ungeachtet des anhaltenden Inflationsschubs bereits den sechsten Monat in Folge unverändert. Im Mai waren die Verbraucherpreise binnen Jahresfrist um 73,5% nach oben geschossen. Die Währungshüter ignorierten zugleich aber auch die Aufforderung von Präsident Recep Tayyip Erdogan, der sich für weitere Zinssenkungen ausgesprochen hatte. Die Türkei nimmt mit ihrer Geldpolitik weltweit eine Außenseiterposition ein.

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