Powell verpasst Zinserwartungen einen Dämpfer
Powell verpasst Zinserwartungen einen Dämpfer
Powell dämpft Erwartungen an die Fed
det Washington
Mit einer Zinssenkung um 25 Basispunkte hat die US-Notenbank den Markterwartungen entsprochen, anschließend aber für eine faustdicke Überraschung gesorgt. Ihr Vorsitzender Jerome Powell dämpfte die Hoffnungen auf eine Zinssenkung im Dezember. Er betonte, dass eine weitere Lockerung der geldpolitischen Zügel vor Jahresende keineswegs unter Dach und Fach sei. Und er gab plausible Gründe an: Die stimmberechtigten Mitgliedern des Offenmarktausschusses (FOMC) sind offenbar gespalten. Nach Ansicht einiger wiegt die Abschwächung am Arbeitsmarkt derzeit schwerer als das hohe Preisniveau. Andere sehen die hartnäckige Inflation als größeres Problem. Hinzu kommt die Tatsache, dass sich die Fed seit dem Beginn des Verwaltungsstillstands im Blindflug befindet und kaum Daten zur Verfügung hat.
So hat es amtliche Arbeitsmarktzahlen seit September nicht mehr gegeben. Auch in Bezug auf die Teuerung liegt ein Informationsdefizit vor. Ein schwacher Trost für die Märkte: Die Notenbank wird am 1. Dezember immerhin die Reduktion ihrer Anleihekäufe – die quantitative Straffung – beenden. So oder so bleibt unklar, wohin die Reise für Powell und seine Vorstandskollegen führen wird. Denn die Budgetverhandlungen zwischen Republikanern und Demokraten sind festgefahren. Dass der Kongress in Bälde mit einer Übergangsfinanzierung den Shutdown beenden wird, zeichnet sich nicht ab.
Konjunkturlage robust
Die Abschlusserklärung des Offenmarktausschusses (FOMC) zeichnete unter Hinweis auf die bestehenden Risiken dennoch ein relativ positives Szenario. Die gesamtwirtschaftliche Lage scheinen die Notenbanker sogar etwas positiver einzuschätzen als im September. Das Kommuniqué betonte nun, dass „die Wirtschaft mit moderatem Tempo wächst“. Im vergangenen Monat hatte es noch geheißen, dass die Wirtschaftstätigkeit abflache.
Auch schrieb das FOMC, dass die Inflation „leicht erhöht“ sei. Die Arbeitslosenquote verharrt trotz des Anstiegs im laufenden Jahr weiter auf einem relativ niedrigen Stand, hieß es. Eher pessimistisch stimmt die Fed hingegen das schwache Stellenwachstum. Schließlich sind nach Angaben des Bureau of Labor Statistics (BLS) von Mai bis August außerhalb der Landwirtschaft im Schnitt nur 26.000 Jobs pro Monat entstanden. Solche Werte sehen viele Analysten als Indikator einer möglichen Rezession. Die Zahlen vom September fielen dann dem Shutdown zum Opfer. Der Bericht des Arbeitsmarktdienstleisters Automatic Data Processing (ADP) zur Beschäftigungslage im Privatsektor bestätigt die deutliche Abschwächung aber wohl. Laut BLS reduzierten Unternehmen ihre Belegschaften im September sogar um 32.000.
Dezember-Zinsschritt „keine ausgemachte Sache“
Bei der anschließenden Pressekonferenz sprach Powell dann Worte, die an den Märkten für Verblüffung sorgten: „Eine weitere Zinssenkung im Dezember ist weit davon entfernt, eine ausgemachte Sache zu sein. Die Geldpolitik befindet sich auf keinem vorgezeichneten Kurs“. Zu Tagesbeginn hatte das FedWatch Tool der CME Group mit einer Wahrscheinlichkeit von etwa 90% eine weitere Zinssenkung im übernächsten Monat unterstellt. Nach der Pressekonferenz des Fed-Chair sank die Chance auf 68%.
Powell hat eine weitere Lockerung nicht ausgeschlossen. Gleichwohl offenbarte das Abstimmungsgebnis die Differenzen innerhalb des FOMC. So votierte Stephan Miran für eine kräftigere Senkung um 50 Basispunkte. Dazu mögen Mirans Bedenken hinsichtlich der Arbeitsmarktlage beigetragen haben. Auch wird aber eine Rolle gespielt haben, dass der Ökonom nach wie vor Chef des Council of Economic Advisers (CEA) von US-Präsident Donald Trump ist. Trump plädiert bekanntlich für deutlich aggressivere Zinssenkungen. Jeffrey Schmid, der Präsident des Fed-Ablegers in Kansas City, beschäftigt die hartnäckige Teuerungsrate von 3% offenbar mehr. Schmid stimmte diesmal für einen kompletten Verzicht auf einen Zinsschritt. Andere FOMC-MItglieder sind in ihrer Bewertung ebenfalls gespalten.
Powells berechtigte Warnung
Unterdessen ist Powells Warnung vor verfrühtem Optimismus über anstehende Lockerungen durchaus angemessen. Denn während die Flaute am Jobmarkt und die hartnäckige Inflation nicht neu sind, erschwert das Informationsdefizit, das seit Anfang Oktober herrscht, den Währungshütern die objektive Analyse. Daten aus anderen Quellen mögen Anhaltspunkte geben. Doch der Arbeitsmarktbericht des BLS gilt als Goldstandard. Zudem fehlt der Fed der PCE-Preisindex des Bureau of Economic Analysis (BEA), und der PCE-Deflator gilt als die wichtigste Entscheidungsgrundlage mit Blick auf die Inflation.
Und leichter wird es für die Fed nicht. Denn ein Ende des Shutdown ist nicht in Sicht. Und über eines herrscht unter Experten ein klarer Konsens: Je länger die Notenbank ohne diejenigen Indikatoren auskommen muss, an denen sie seit Dekaden ihre Entscheidungen ausrichtet, desto unberechenbarer wird der geldpolitische Kurs.
