US-Notenbank

Powell hält alle Trümpfe in der Hand

US-Notenbankchef Jerome Powell hat beste Chancen, nach Ablauf seiner ersten Amtsperiode weitere vier Jahre an der Spitzen der Fed zu bleiben. Aber auch andere Kandidaten haben ihren Hut in den Ring geworfen.

Powell hält alle Trümpfe in der Hand

det Washington

Er hat Souveränität im Kampf gegen die tiefste Rezession seit der Weltwirtschaftskrise bewiesen und hat eine starke Verbündete in US-Finanzministerin Janet Yellen. Gleichwohl ist ein halbes Jahr vor Ablauf seiner ersten Amtsperiode die Debatte darüber, ob Jerome Powell seinen Job als Notenbankchef behalten wird, voll entbrannt. Vieles spricht dafür, dass Präsident Joe Biden entscheiden wird, den Republikaner für weitere vier Jahre für die Position des weltmächtigsten Notenbankers zu nominieren. Damit rechnen auch 90% der Ökonomen, die hierzu von der Nachrichtenagentur Reuters befragt wurden. Dennoch regt sich politischer Widerstand. Auch muss der ehemalige Investmentbanker mit Konkurrenz aus der eigenen Reihe fertig werden.

Zwar hat es Tradition, dass Präsidenten einen amtierenden Fed-Vorsitzenden unabhängig davon behalten, ob er von einem Demokraten oder Republikaner in das hohe Amt gehoben wurde. Gegen diese ungeschriebene Regel verstieß aber Donald Trump, als er sich weigerte, Yellen weitere vier Jahre an der Spitze der Notenbank zu schenken. Dass Biden den ehemaligen Investmentbanker an Bord behalten dürfte, hängt aber weniger mit politischer Tradition, sondern vielmehr dem geldpolitischen Kurs zusammen, den Powell seit Ausbruch der Corona-Pandemie verfolgt. Im vergangenen März schraubte er den Leitzins auf null herunter und gab der Wirtschaft mit monatlichen Anleihekäufen von 120 Mrd. Dollar, die bis heute andauern, wichtige Impulse.

Auf ein positives Echo stieß im Weißen Haus aber auch die Flexibilisierung der Geldpolitik unter dem Fed-Chef. So sind die Währungshüter bereit, für einige Zeit eine moderate Überschreitung des Inflationsziels von 2% zu dulden, ohne deswegen die Zügel straffen zu wollen. Auch weiß der Präsident zu schätzen, dass Powell die Arbeitslosigkeit mit einer weiter gefassten, inklusiveren Definition versieht. Ganz im Sinne Bidens will auch er darauf hinwirken, das immer größere Einkommensgefälle abzubauen. Powell betrachtet daher die Erwerbslosigkeit nicht ausschließlich unter dem Gesichtspunkt des Stellenwachstums und der Arbeitslosenquote. Er will zudem sicherstellen, dass auch Ärmere vom Aufschwung am Arbeitsmarkt profitieren.

Widerstand der Progressiven

Ginge es allein nach Biden und Yellen, wäre womöglich die Vorentscheidung schon längst zugunsten des amtierenden Fed-Chefs gefallen. Sie müssen aber auch das politische Umfeld berücksichtigen, und dazu zählt der wachsende Einfluss, den Progressive innerhalb der demokratischen Partei haben. Der linke Parteiflügel lobt zwar die soziale Komponente, die Powell in die Geldpolitik integriert hat, hält die Zeit aber für gegeben, um entweder einer Frau oder einem Vertreter einer ethnischen Minderheit den Zuschlag zu geben. So wird als Außenseiterkandidat für die Fed-Spitze Raphael Bostic genannt, ein Afroamerikaner, der Präsident des Fed-Ablegers in At­lanta ist und wie auch Powell als Zentrist gilt.

Etwas bessere Karten dürfte Lael Brainard haben, die seit 2014 dem Fed-Vorstand angehört und vorher im Finanzministerium die Abteilung für internationale Beziehungen geleitet hat. Brainard wirbt seit geraumer Zeit für den Spitzenjob bei der Notenbank und könnte nach Ansicht einiger Analysten Chancen haben. „Powell arbeitet gut mit Yellen zusammen, dennoch ist denkbar, dass Biden auf den höchsten Ebenen Frauen und Minderheiten einsetzen will“, begründet James Knightley, Ökonom bei ING, warum Brainard als potenzielle Nachfolgerin ernstzunehmen ist. Wahrscheinlicher ist allerdings, dass andere Vakanzen an der Fed-Spitze mit den afroamerikanischen Ökonomen William Spriggs und Lisa Cook gefüllt werden. Spriggs, Chefökonom beim Gewerkschaftsdachverband AFL-CIO, und die Michigan State Professorin Cook zählen zu den Favoriten für den heute freien Sitz sowie die Nachfolge von Fed-Vize Richard Clarida, dessen Amtszeit im Januar 2022 endet.

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