Powell verteidigt Unabhängigkeit der Fed
Powell verteidigt Unabhängigkeit der Fed
Vieraugengespräch mit Trump − Geringe Inflation liefert Argument für Zinssenkungen
det Washington
US-Notenbankchef Jerome Powell hat sich ein weiteres Mal dem politischen Druck aus dem Weißen Haus widersetzt. In einem Treffen mit Präsident Donald Trump betonte Powell, dass geldpolitische Entscheidungen der Fed „ausschließlich auf sorgfältiger, objektiver und unpolitischer Analyse beruhen werden“. Trump hatte den obersten Währungshüter zu einem Vieraugengespräch in den Regierungssitz eingeladen. Es handelte sich um die erste direkte Begegnung seit dem zweiten Amtsantritt des Republikaners.
Nachteil für die US-Wirtschaft
Karoline Leavitt, die Pressechefin des Weißen Hauses, bestätigte die Begegnung. Regierungskreisen zufolge beschwerte sich Trump über die Weigerung der Zentralbank, den Leitzins zu senken. Leavitt sagte, dass nach Auffassung des Präsidenten „der Fed-Vorsitzende mit dem Verzicht auf Zinssenkungen einen Fehler macht“. Die US-Wirtschaft sei dadurch „im Nachteil gegenüber China und anderen Ländern“. Trump hatte den Notenbankchef, der selbst Mitglied der republikanischen Partei ist, 2018 als Nachfolger von Janet Yellen nominiert. Als Powell sich im darauffolgenden Jahr weigerte, den Leitzins herunterzusetzen, beschimpfte ihn der Präsident, als „inkompetent“ und „töricht“.
Druck aus dem Weißen Haus
Nach dem Ausbruch der Corona-Pandemie senkte die Notenbank zwar den Tagesgeldsatz auf Null. Im Kampf gegen die anschließende Inflation zog die Fed aber die Zügel straffer und beschloss insgesamt elf Zinserhöhungen. Nach drei Lockerungen im vergangenen Jahr legte die Notenbank dann eine Zinspause ein, die seit Dezember Bestand hat. In den vergangenen Monaten hat Trump wieder nachgelegt. Auch hatte er damit kokettiert, Powell wegen der hohen Zinsen zum Rücktritt zwingen zu wollen, die Drohung aber dann wieder zurückgenommen.
Der Fed-Chair ließ sich aber nicht einschüchtern. Seine Amtszeit läuft bis Mai 2026, und einen vorzeitigen Rücktritt schließt Powell aus. Bei dem Treffen mit Trump wiederholte er, dass zinspolitische Entscheidungen auch in Zukunft „ausschließlich von Daten und deren Bedeutung für die Konjunkturaussichten abhängen werden“.
Inflatonsdruck lässt nach
Unterdessen lieferte die deutlich niedrigere Inflation Trump ein weiteres Argument, um auf einer Lockerung der geldpolitischen Zügel zu beharren. Wie das Bureau of Economic Analysis (BEA) des Handelsministeriums berichtete, legte der PCE-Preisindex im April sowohl an der Gesamtrate als auch der Kernrate gemessen um 0,1% zu. Die Jahresrate rutschte gegenüber dem Vormonat von 2,3% auf 2,1%.
Ohne Energie- und Lebensmittelpreise lag der PCE-Deflator um 2,5% über dem Stand vom Vorjahr. Der PCE-Preisindex ist das von der Fed favorisierte Inflationsmaß, weil er die Preisentwicklung bei tatsächlich erworbenen Waren und Dienstleistungen erfasst. Für eine Enttäuschung sorgten hingegen die Konsumausgaben, die nach Angaben des BEA auf Monatssicht nur um 0,2% stiegen. Im März war ein Plus von 0,7% gemessen worden.
Zölle zeigen Wirkung
Ökonomen sehen einen Zusammenhang zwischen der Zurückhaltung der Verbraucher mit den Sorgen um die wirtschaftlichen Auswirkungen von Trumps Zöllen. Die Privateinkommen legten laut BEA um 0,8% zu, eine leichte Verbesserung gegenüber dem Anstieg um 0,7% im März.
Unterdesssen geht das Tauziehen um Trumps Einfuhrzölle in die nächste Runde. Am Donnerstagabend entschied ein Berufungsgericht in Washington, dass die Abgaben vorerst Bestand haben können. Zuvor hatte das United States Court for International Trade die Abgaben für rechtswidrig erklärt. Unternehmen und US-Staaten, die gegen die Zölle geklagt hatten, und die Regierung haben nun eine Woche Zeit, ihre Argumente vor Gericht darzulegen. Dann soll ein endgültiges Urteil darüber gefällt werden, ob die Sanktionen weiter Bestand haben können.
Verfassungsgericht könnte entscheiden
Trump erklärte daraufhin, dass er im äußersten Fall bereit sei, bis zum mehrheitlich republikanischen Verfassungsgericht zu gehen, um die Abgaben durchzusetzen. Unterdessen könnten sich die Einfuhrzölle bereits in der Schräglage im Außenhandel niedergeschlagen haben. Laut Handelsministerium schrumpfte das Defizit im Handel mit Waren im April von 162,3 Mrd. Dollar auf 87,6 Mrd. Dollar. Erwartet hatten Ökonomen ein Minus von etwa 143 Mrd. Dollar.