Produktionskosten in Deutschland besonders hoch
Produktionskosten in Deutschland besonders hoch
Deutsche Produktionskosten besonders hoch
IW Köln: 22 Prozent über dem Schnitt anderer Industrieländer
mpi Frankfurt
In Deutschland sind die Lohnstückkosten laut einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) Köln so hoch wie in kaum einem anderen Land auf der Welt. So lagen sie im vergangenen Jahr 22% über dem Durchschnitt der untersuchten 27 Industriestaaten. Höher waren die Kosten nur in Lettland, Estland und Kroatien. „Vor allem die außereuropäische Konkurrenz produziert teilweise deutlich weniger arbeitskostenintensiv als Deutschland“, heißt es in der Studie.
In Japan produziere die Industrie im Schnitt mit um 24% niedrigeren Lohnstückkosten, in den USA sind sie sogar um fast ein Drittel geringer. Dadurch entstehe der deutschen Industrie ein Nachteil im internationalen Wettbewerb. Die deutsche Industrie gehöre dennoch immer noch zu den produktivsten weltweit, urteilt das IW. Das wird auch von anderen Untersuchungen untermauert, wie dem Ranking zur Wettbewerbsfähigkeit von Volkswirtschaften der Schweizer Business School IMD. Hier belegte Deutschland zuletzt weltweit Platz 19.
Politischer Handlungsbedarf
Besonders gut schnitt die Bundesrepublik bei wissenschaftlicher Infrastruktur und im Bereich Gesundheit & Umwelt ab. Schlechte Noten verteilte die IMD für den Zustand der Digitalisierung und insbesondere für die Steuerpolitik.
Das arbeitgebernahe Wirtschaftsforschungsinstitut IW wiederum sieht politischen Handlungsbedarf in der Sozialpolitik, um den Standort Deutschland zu stärken. „Ohne eine Reform der Sozialsysteme rutscht der Standort Schritt für Schritt in die Deindustrialisierung“, warnt Studienautor Christoph Schröder. Ansonsten würden die Lohnnebenkosten in Deutschland immer weiter steigen, alleine schon wegen des demografischen Wandels. „Der Fachkräftemangel treibt die Löhne weiter nach oben“, führt Schröder an.
Verlorener Technologievorsprung
Zuletzt sind die Lohnstückkosten hierzulande zwar weiter gestiegen. Das IW selbst betont aber, dass der Anstieg seit 2018 etwas geringer gewesen ist als in den anderen untersuchten Industrieländern. Schröder vermutet in seiner Studie allerdings negative Ursachen hinter dieser Entwicklung. „Weil viele deutsche Unternehmen ihren Technologievorsprung – vor allem gegenüber der chinesischen Konkurrenz – verloren haben, können sie seltener die Preise diktieren – die hohen Standortkosten werden deshalb zum Nachteil.“
Niedrigere Bruttowertschöpfung
Als konkretes Beispiel für eine Branche, die technologisch an Boden verloren habe, führt Schröder die deutsche Autoindustrie an. Durch disruptive Entwicklungen wie die schleichende Abkehr von Verbrennern habe der Sektor an internationaler Wettbewerbsfähigkeit eingebüßt. Nachteilig auf das Produktivitätsniveau in der Autoindustrie wirke sich zudem die hohe Produktdifferenzierung aus. Diese erschwere größere Skalenerträge.
Dass niedrigere Lohnstückkosten alleine nicht ausreichen, um Deutschland Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen, zeigt ein Blick auf die Bruttowertschöpfung. Im Ausland ist diese laut der IW-Studie seit 2018 im Schnitt um 6% gewachsen ist, in Deutschland fiel sie dagegen um 3%. „Das heißt: Die deutschen Industriefirmen konnten trotz zuletzt unterdurchschnittlicher Preisentwicklung weniger Produkte absetzen.“