Rajoy scheitert auch im zweiten Durchgang

Politische Hängepartie in Spanien setzt sich fort - Durchwachsenes Bild am Arbeitsmarkt

Rajoy scheitert auch im zweiten Durchgang

ths Madrid – Spaniens amtierender Ministerpräsident Mariano Rajoy ist am Freitag wie erwartet auch in der zweiten Abstimmung zur Wiederwahl im Parlament gescheitert. Wie beim ersten Durchgang am Mittwoch konnten die Konservativen lediglich die Stimmen der liberalen Ciudadanos und der einzigen Abgeordneten einer Regionalpartei von den Kanaren hinter sich bringen. Die Sozialisten (PSOE) von Pedro Sánchez blieben jedoch bei ihrer Ablehnung. Rajoy hätte eine einfache Mehrheit genügt, doch es reichte abermals nicht für den Konservativen.Seit Dezember hat Spanien nun bereits eine rein kommissarische, nicht voll handlungsfähige Regierung. Der politische Stillstand wird sich nun noch einige Wochen hinziehen. Am 25. September finden in Galicien und im Baskenland Regionalwahlen statt und es wird nicht erwartet, dass die Parteien in Madrid vorher klar Position beziehen hinsichtlich eines neuen Anlaufs zur Regierungsbildung. Die Sozialisten haben angekündigt, Ende Oktober ihr erweitertes Führungsgremium zu versammeln, bei dem eventuell ein Kurswechsel vereinbart werden könnte. Einzelne Stimmen in der PSOE plädieren dafür, doch eine Minderheitsregierung von Rajoy zu ermöglichen. Der Versuch, eine Alternative mit der Linkspartei Podemos mit Unterstützung der baskischen und katalanischen Nationalisten zu bilden, gilt als wenig wahrscheinlich, kann aber auch nicht ausgeschlossen werden. Bis zum 31. Oktober haben die Politiker nun noch Zeit, einen Regierungschef zu wählen. Sonst käme es automatisch zu Neuwahlen im Dezember.Seit Wochen schauen Experten und Politiker auf jeden kleinen Hinweis, der belegen könnte, dass der politische Stillstand im Lande die wirtschaftliche Dynamik beeinflusst. Zur Überraschung vieler Spanier scheint die Wirtschaft bislang ein Selbstläufer zu sein. Doch es mehren sich die Zeichen für den Beginn einer Abschwächung.Die am Freitag vom spanischen Arbeitsministerium veröffentlichten Daten der bei den Arbeitsämtern registrierten Erwerbslosen im August zeichnen ein durchwachsenen Bild. Der August ist traditionell ein schlechter Monat für den Arbeitsmarkt, da zum Ende der Hauptsaison im wichtigen Tourismusgewerbe viele befristete Verträge auslaufen. So registrierten die Ämter gegenüber Juli einen Anstieg von 14 400 Personen, die auf Jobsuche sind. Im August 2015 war diese Zahl jedoch um 21 000 gefallen. Damit sind zurzeit offiziell 3,96 Millionen Menschen erwerbslos gemeldet, rund 3 % weniger als im Vorjahr. Doch was bedenklich stimmt, ist die Tatsache, dass die staatliche Sozialversicherungskasse im August 145 000 Beitragszahler verlor, der höchste Rückgang seit Beginn der Wirtschaftskrise 2008.Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) wuchs im zweiten Vierteljahr um stattliche 0,8 % im Quartals- bzw. 3,2 % im Jahresvergleich, weit mehr als im Durchschnitt der Eurozone. Dies geht zum guten Teil auf den anhaltenden Boom im Tourismusgeschäft zurück. Allerdings profitiert Spanien von den Krisen in anderen klassischen Sommerurlaubszielen wie Ägypten, Tunesien oder der Türkei.Der amtierende Wirtschaftsminister Luis de Guindos sagte vor Tagen, dass das BIP in diesem Jahr auf jeden Fall um 3 % wachsen werde. Er warnte aber gleichzeitig vor den Folgen des politischen Stillstandes, dass der Boom “als Selbstläufer nicht ewig hält”. Das Fehlen einer handlungsfähigen Regierung wird bald auch ganz konkrete Folgen haben, wie De Guindos bemerkte. So laufen die Mandate der Vorsitzenden der spanischen Aufsichtsbehörde für die Finanzmärkte CNMV Anfang Oktober aus. Eine kommissarische Regierung ist nicht befugt, einen Nachfolger zu ernennen, so dass die Behörde vorerst kopflos bliebe.Ein weiteres Problem ist der Haushalt für 2017. Mitte Oktober muss Spanien seine Pläne für den weiteren Konsolidierungskurs in Brüssel einreichen. Dafür bedarf es allerdings einer handlungsfähigen Regierung. Die bisherigen Daten weisen daraufhin, dass das Defizit 2016 aus dem Ruder läuft.