Verbraucherpreise

Regierungen gehen gegen Inflation bei Lebensmitteln vor

Europas Regierungen sagen der Lebensmittelinflation den Kampf an: Frankreich droht mit Sondersteuern, wenn Hersteller und Supermärkte nicht die Preise senken, Ungarn verordnet nach einer Preisbremse nun wöchentliche Rabatte – und in Italien gibt es eine „Nudelkommission“.

Regierungen gehen gegen Inflation bei Lebensmitteln vor

Regierungen gehen gegen Inflation bei Lebensmitteln vor

Frankreich droht Herstellern und Supermärkten mit Sondersteuern – Ungarn verordnet Preissenkungen

mpi Frankfurt

Bei kaum einer anderen Handlung wird die hohe Inflation in Europa so sichtbar wie beim Gang in den Supermarkt. Die Teuerungsrate bei Lebens- und Genussmitteln übertrifft die Gesamtrate bei weitem. In der Eurozone kletterten die Preise für diese Waren im Mai im Jahresvergleich um 12,5% – die allgemeine Teuerungsrate war mit 6,1% nicht mal halb so hoch. Damit heizen die Lebensmittelpreise die Inflation mittlerweile bei weitem stärker an als die Energiepreise. Mehrere Staaten gehen daher inzwischen dezidiert gegen die hohen Preise im Supermarkt vor – mit politischem Druck oder gar verbindlichen Preisvorgaben für die Verkäufer.

Frankreich droht den großen Lebensmittelunternehmen des Landes mit Sondersteuern, sollten sie nicht ab Juli ihre Preise senken. Die Regierung wirft den Herstellern und Supermärkten vor, „ungerechtfertigte“ Gewinne zu erzielen. Die Rohstoff- und auch Energiepreise seien zuletzt deutlich gesunken, dies müsse nun auch bei den Verkaufspreisen ankommen. „Ich sage den Franzosen, dass bereits im Juli die Preise für bestimmte Produkte sinken werden“, verkündete Frankreichs Finanzminister Bruno Le Maire am Freitag. Über 100 verschiedene Waren, darunter Nudeln, Geflügel und Öle, sollen im Einzelhandel bis zu 10% billiger werden.

Staatliche Kontrollen angekündigt

Le Maire hatte am Donnerstag mit 75 Unternehmen gesprochen, die für 80% der Produktion und des Verkaufs von französischen Lebens- und Genussmitteln verantwortlich sind. Diese hatten sich auf Druck der Regierung verpflichtet, die Preise zu senken. Le Maire kündigte an, dass es Kontrollen geben wird, ob die Waren wirklich billiger werden. „Wir werden Sanktionen gegen diejenigen verhängen, die sich nicht an die Regeln halten“, sagte Le Maire. Auch eine öffentliche Nennung von Unternehmen, die ihre Preise nicht senken, steht im Raum.

Die italienische Regierung hat bereits im Mai eine Kommission eingesetzt, die untersuchen soll, warum die Nudelpreise im Jahresvergleich um fast ein Fünftel gestiegen sind. Verbraucherschützer werfen den Herstellern und Supermärkten vor, den Rückgang beim Weizenpreis nicht an die Endkunden weiterzugeben. Der Verband der Pasta-Produzenten hält dagegen. Die Nudeln, die derzeit in den Supermarktregalen stünden, seien vor Monaten produziert worden – und damit mit hohen Energie- und Weizenpreisen. Zudem seien die Verpackungskosten gestiegen.

Ungarn greift in den Markt ein

Auch außerhalb der Eurozone ist der Kampf gegen die Lebensmittelinflation ein großes Thema. In Ungarn gelten seit 2022 Preisbremsen für bestimmte Nahrungsmittel. Unter anderem bei Kristallzucker, Frischeiern oder Milch sind Preiserhöhungen verboten. Nun geht die Regierung angesichts der dennoch hohen Lebensmittelinflation – die zwar seit Monaten sinkt, aber noch bei fast 40% liegt – einen Schritt weiter. Einzelhändler mit einem Jahresumsatz von mehr als 1 Mrd. Forint (ca. 3 Mill. Euro) müssen wöchentliche Rabatte von mindestens 10% auf 20 Lebensmittel – darunter Geflügel, Käse und Brot – im Vergleich zum niedrigsten Preis der vergangenen 30 Tage anbieten.

In Deutschland bahnen sich auch ohne staatliche Eingriffe in die Preissetzung zumindest bei manchen Lebensmitteln niedrigere Preise an. Mehrere Supermarktketten kündigten diese Woche an, diverse Molkereiprodukte dauerhaft bis zu 15% zu reduzieren. Bis die Preise bei Lebensmitteln großflächig sinken, dürfte es laut Handelsexperte Robert Kecskes vom Marktforschungsunternehmen GfK jedoch noch lange dauern – wenn dies überhaupt geschieht. Mit Blick auf einen Großteil der Preiserhöhungen meint er: „Ich vermute, das geht nicht mehr weg.“

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