Wohnungsbau

Regierungsziel im Wohnungsbau verfehlt

2022 wurden zwar 0,6% mehr Wohnungen gebaut als im Vorjahr – das Regierungsziel liegt aber weiter in deutlicher Ferne. Hoffnung macht der höhere Bauüberhang. Die Branche aber bleibt skeptisch.

Regierungsziel im Wohnungsbau verfehlt

Wohnungsbauziel wird verfehlt

Baufertigstellungen legen 0,6 Prozent zu – Regierung hält an der Zahl 400.000 fest

ba Frankfurt

2022 sind deutlich weniger Wohnungen gebaut worden, als die Regierung mit der Marke von jährlich 400.000 anvisiert. Dem Statistischen Bundesamt (Destatis) zufolge wurden im vergangenen Jahr 295.300 Wohnungen fertiggestellt – das sind 1.900 oder 0,6% mehr als 2021. In den Jahren 2011 bis 2020 waren die Baufertigstellungen für neue Gebäude sowie die Baumaßnahmen an bestehenden Gebäuden noch stetig gestiegen, wie die Wiesbadener Statistiker betonten.

Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) bezeichnete die Situation laut der Nachrichtenagentur Reuters als stabil. „Das ist natürlich weit davon entfernt, die 400.000 zu erreichen, die die Bundesregierung nach wie vor zum Ziel hat“. Hoffnung mache ihr der sogenannte Bauüberhang: Die Zahl der genehmigten, aber noch nicht fertiggestellten Wohnungen erhöhte sich um 38.400 auf 884.800. Davon befanden sich laut Destatis 462.900 Wohnungen im Bau, davon waren 240.100 „unter Dach“ beziehungsweise im Rohbau fertiggestellt. Damit habe sich der seit 2008 anhaltende Anstieg des Bauüberhangs etwas abgeschwächt fortsetzt – den bisher höchsten Bauüberhang hatten die Statistiker 1995 mit 928.500 Wohnungen verzeichnet. Die nachlassende Dynamik führt Destatis zum Teil auf die gestiegene Zahl erloschener Baugenehmigungen zurück, bei denen in der Regel die mehrjährige Gültigkeitsdauer abgelaufen ist. Hier wurde 2022 mit 22.800 der höchste Stand seit 2006 erreicht. Zugleich seien im Bauüberhang auch Bauvorhaben enthalten, deren Genehmigungen zwar noch nicht erloschen sind, die aber nicht mehr weiterverfolgt werden.

Die gestiegene Zahl fertiggestellter Wohnungen zeigt Destatis zufolge aber auch, „dass viele Bauherren ihre Vorhaben trotz Lieferengpässen und Fachkräftemangel sowie deutlichen Preissteigerungen abschließen konnten“. Allerdings habe sich der Abschluss teils verzögert. Die durchschnittliche Abwicklungsdauer, also die Zeit von der Genehmigungserteilung bis zur Fertigstellung, habe sich seit der Störung globaler Lieferketten durch Ausbruch der Corona-Pandemie im Jahr 2020 von 20 Monaten um etwa zwei Monate auf nun 22 Monate verlängert.

Die Bauindustrie blickt skeptisch in die Zukunft: 2022 sei fast alles fertiggestellt worden, was noch im Bau war, erklärte der Hauptgeschäftsführer des Branchenverbandes Tim-Oliver Müller mit Blick auf die Destatis-Zahlen. Dieses Polster sei nun aufgebraucht, „so dass wir angesichts sinkender Baugenehmigungen und eines Rückgangs im Auftragseingang von 40% 2023 eine Bauchlandung erleben werden“, mahnte Müller. Bestenfalls würden in diesem Jahr 250.000 Wohnungen fertiggestellt. „Gerade in den Ballungsgebieten und ihrem Umland wird damit die Wohnungsnot zementiert“, so Müller. Auch 2024 sei kaum Besserung in Sicht.

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