EZB-Rat Rehn bewertet Zoll-Deal als Inflationsbremse
EZB-Rat Rehn bewertet Zoll-Deal als Inflationsbremse
Vorwurf schlechter Vorbereitung der EU auf Trump – Spielraum für Zinssenkung
mpi Helsinki
Der finnische Notenbankpräsident und EZB-Rat Olli Rehn warnt seine Ratskollegen vor Selbstzufriedenheit beim Inflationsausblick. „Es gibt mehrere Abwärtsrisiken für die Inflation“, sagt er im Interview der Börsen-Zeitung. So sei es möglich, dass ein Rückgang der Energiepreise, die Aufwertung des Euro oder die US-Zölle die Teuerung im Euroraum stärker dämpfen als aktuell erwartet. Damit deutet Rehn an, dass er durchaus Spielraum für eine weitere Zinssenkung der EZB in diesem Jahr sieht. Es bestehe aber trotz der Zolleinigung der EU mit den USA weiterhin eine hohe Unsicherheit beim Inflationsausblick.
„Die neue US-Politik ist weniger konsistent und vorhersehbar als die vorherige“, kritisiert Rehn. Er spricht im Interview daher von einem „sogenannten Handelsabkommen“. Doch auch mit dem Vorgehen der EU zeigt sich der Notenbanker äußerst unzufrieden. „Ein strategischerer Ansatz und eine einheitliche Front zu Beginn der Verhandlungen hätten der EU eine bessere Position verschafft“, sagt Rehn, der selbst EU-Kommissar war. „Die Europäische Union war auch nicht so gut vorbereitet, wie es möglich gewesen wäre.“
Inflation höher als erwartet
Jetzt müsse die EZB jedoch mit der Vereinbarung leben, die gelte. Die Effekte der Zölle bezeichnet er als eindeutig disinflationär für die Eurozone. Gleichwohl müsse die EZB im Auge behalten, ob Veränderungen in den Lieferketten wegen geopolitischer Spannungen langfristig den Inflationsdruck erhöhen könnten.
Im August ist die Inflation derweil leicht höher ausgefallen als allgemein erwartet. Sie legte von 2,0 auf 2,1% zu, wie Eurostat meldete. Die Kernrate verharrte zudem bei 2,3%. Nach Einschätzung vieler Ökonomen ist dies ein Argument für eine Verlängerung der Zinspause. Die Prognosen gehen zudem auseinander, ob die EZB in diesem Zinszyklus überhaupt noch einmal lockert.
Einschätzungen im EZB-Rat gehen auseinander
Auch im EZB-Rat gehen die Meinungen auseinander. EZB-Direktorin Isabel Schnabel erklärte am Dienstag im Interview mit Reuters, dass sie aktuell keinen Grund für weitere Zinssenkungen sieht. „Ich bin weiterhin davon überzeugt, dass Zölle insgesamt inflationär wirken.“
Rehn und Schnabel sind jedoch einig, dass ein Verlust der Unabhängigkeit der Fed gravierende Folgen für die Finanzmärkte und auch für die EZB hätte. „Meiner Einschätzung nach ist die Trump-Regierung sehr ernsthaft bemüht, den Kurs der Federal Reserve zu ändern“, sagt Rehn. „Das ist eine sehr besorgniserregende Situation, da dies Auswirkungen auf den Rest der Welt hätte. Eine politisch abhängige Fed würde zu Turbulenzen in der Weltwirtschaft und den Finanzmärkten führen.“
Im Interview und Artikel Seite 8