Rekordhohe Unsicherheit bei Führungskräften
Die angekündigten Maßnahmen der Bundesregierung mögen zwar bei Unternehmen und Verbrauchern Konjunkturhoffnung schüren. Einzelne Umfrageergebnisse zeigen aber immer noch eine gehörige Portion Skepsis und wie schwer die Unsicherheit wiegt. So ist etwa der SAFE-Index zur Manager-Stimmung im Juli um 0,9 auf –0,17 gefallen. Damit bröckelt die Manager-Stimmung seit März ab, als durch die Erwartung einer neu gebildeten und stabilen deutschen Regierung sowie der starken Jahresabschlüsse mit +1,09 noch ein Höchststand erreicht worden war.

Das aktuelle wirtschaftliche Umfeld sei unberechenbar und erschwere langfristige Prognosen erheblich, heißt es beim Leibniz-Institut für Finanzmarktforschung SAFE. Im zweiten Quartal hätten Führungskräfte in den Finanzberichten und auf Analystenkonferenzen häufiger negativ belegte Begriffe genutzt, während positive Formulierungen seltener auftauchten. Trotz der zuletzt guten Entwicklung der Dax-Indizes deute der Rückgang im Optimismus auf trübere Geschäftsaussichten hin. Zunehmend rückten die Sorgen um die indirekten Folgen möglicher Zölle in den Vordergrund: Etwa, wie die Kundschaft reagiert, wie sich die Nachfrage und das Konsumklima verändert.
Einen Rekordstand meldet Alexander Hillert, Professor für Data Science und Finance bei SAFE, bei dem Anteil an Aussagen auf Analystenkonferenzen, die Unsicherheit widerspiegeln – etwa Wortpaare wie „high volatility“ oder „market uncertainty“. „Die Formulierungen, die Unsicherheit signalisieren, unterstreichen den Abwärtstrend in der Stimmung von Führungskräften, wie ihn der SAFE-Index zeigt”, so Hillert. „Für börsennotierte Unternehmen ist die Lage schlicht unsicherer als zuvor – diese Unsicherheit ist gekommen, um zu bleiben“, ergänzt SAFE-Direktor Florian Heider.

Die monatlichen Umfragen der EU-Kommission und des Ifo-Instituts zeigen hingegen eine leichte Entspannung in Sachen Unsicherheit. So ist der Unsicherheitsindikator (EUI) der EU-Kommission im Juni um 4,7 auf 26,2 Punkte gefallen. Im April, als US-Präsident Donald Trump am Liberation day die Zollkeule geschwungen hatte, war der Indikator auf 34,9 Zähler gesprungen – das ist der höchste Stand in diesem Jahr. Das Rekordhoch von 49,9 Punkten der seit dem Jahr 2000 währenden Zeitreihe stammt allerdings vom April 2020 während des Corona-Lockdowns. Die Unsicherheit über die künftige Geschäftssituation hat vor allem bei den Dienstleistern abgenommen, aber auch in Industrie und in der Baubranche. Im Einzelhandel war die Unsicherheit kaum verändert.
Der Ifo-Umfrage zufolge fällt es den Unternehmen in Deutschland im Juni wieder etwas leichter, ihre Geschäfte vorherzusagen. 20,2% der Firmen antworteten entsprechend, im Mai waren das noch 23,3%, im April sogar 28,3%. Die Antworten gelten als Indikator für wirtschaftliche Unsicherheit. „Die Unternehmen nehmen die aktuellen Signale aus der Politik positiv auf“, sagt Klaus Wohlrabe, Leiter der Ifo-Umfragen. „Sie wirken stabilisierend, trotz geopolitischer Risiken wie dem ungelösten Zollkonflikt.“ Den Münchener Wirtschaftsforschern zufolge war die Unsicherheit insbesondere in der Industrie zurückgegangen – mit Ausnahme der chemischen Industrie. Die Unsicherheit gab auch im Handel, bei den Dienstleistern sowie den Bauunternehmen nach. Bei Letzteren dürfte sich das konkreter werdende Infrastrukturpaket der Bundesregierung positiv auswirken.