NOTIERT IN MAILAND

Rom sucht nach Einnahmequellen

Italienische Behörden sind findig, wenn es darum geht, neue Einkommensquellen zu erschließen. Gern wird dabei Touristen in die Tasche gegriffen. Diese Kuh lässt sich immer melken: Ob durch unverschämte Gebühren für angebliche Verkehrsdelikte oder...

Rom sucht nach Einnahmequellen

Italienische Behörden sind findig, wenn es darum geht, neue Einkommensquellen zu erschließen. Gern wird dabei Touristen in die Tasche gegriffen. Diese Kuh lässt sich immer melken: Ob durch unverschämte Gebühren für angebliche Verkehrsdelikte oder Strafen für angebliche Zuwiderhandlungen. So manche Kommune stopft damit das eine oder andere Loch.Seit einigen Wochen ist es auf der berühmten Spanischen Treppe in Rom untersagt, sich niederzulassen. Nicht nur Picknicken ist verboten, auch das schlichte Sitzen. Das ist zwar verständlich, weil die Besucherhorden ein Durchkommen erheblich erschweren. Aber vielleicht könnte man das Problem auch mit etwas mehr Fingerspitzengefühl lösen. Denn wer von der Polizei aufgegriffen wird, muss bis zu 400 Euro zahlen. Mit Strafen belegt wird auch das Baden in Brunnen wie der Fontana di Trevi oder das Herumlaufen ohne T-Shirt und Hemd. Schön wäre es, wenn die Einnahmen für das Stopfen der riesigen Löcher in den Straßen der Hauptstadt oder die Beseitigung des überall herumliegenden Mülls verwendet würden. Doch das ist bei der chaotischen Stadtverwaltung eher nicht zu erwarten.Auch andere Städte greifen durch. In Venedig etwa ist Picknicken oder das Baden in den dreckigen Kanälen (kommt vor) untersagt. Ein deutsches Pärchen, das sich kürzlich in der Nähe der Rialtobrücke einen Kaffee kochte, wurde mit einem Bußgeld von 950 Euro belegt. Da wäre selbst der viel bessere Kaffee im berühmten Café Florian günstiger gewesen.Strafgelder für Hundebesitzer, die die Hinterlassenschaften ihrer Vierbeiner nicht mitnehmen, gibt es schon länger. In Genua aber müssen seit 1. August auch Pipi-Spuren beseitigt werden. Wer seinen Waldi ausführt, sollte deshalb immer ein Fläschchen Wasser dabeihaben. Bei Zuwiderhandlungen müssen bis zu 300 Euro gezahlt werden. Vorsicht ist auch an Stränden geboten: Wer da seinen Hund mitbringt, muss unter Umständen mehrere hundert Euro zahlen.Legendär sind Strafen für Verkehrsdelikte. Oft erst nach einem Jahr kommen saftige Strafbescheide nach Hause, weil man angeblich in Straßen gefahren ist, in die man nicht hätte hineinfahren dürfen. Die Verbotsschilder sind nach Auskunft des ADAC oft so versteckt angebracht, dass man fast Absicht dahinter vermuten könnte.Nun will Rom auch die Airbnb-Vermieter zur Kasse bringen. Viele von ihnen versteuern nämlich die Einnahmen nicht. Die Bettenzahl solcher Vermietformen erreicht inzwischen fast die Bettenzahl der Hotels. Vor allem in Venedig, Florenz, Neapel, Siena, Mailand und La Spezia sowie in Sizilien ist die Zahl der Privatvermieter riesig. Doch in den Datenbanken der Behörden sind weniger als 195 000 solcher Unterkünfte registriert. Nach Recherchen der Wirtschaftszeitung “Il Sole 24 Ore” sind allein bei Airbnb 416 000 Unterkünfte verzeichnet.Das Thema Steuerehrlichkeit ist in Italien ein besonderes. Schwarzarbeit und Steuerflucht gelten als Kavaliersdelikte, um dem unfähigen Staat eins auszuwischen. Nach Schätzung des Wirtschaftsministeriums werden dem Fiskus jährlich 191 Mrd. Euro vorenthalten. Ein Großteil davon entfällt auf große Unternehmen. Manche von ihnen werden am Ende doch erwischt. Google, Apple, Mediolanum, Gucci und UBS mussten kürzlich insgesamt 5 Mrd. Euro Steuern nachentrichten.Erhellend sind auch Zahlen, die die Banca d`Italia veröffentlicht hat. Danach verfügen die Italiener über Vermögen von 9,74 Bill. Euro. Bei den Finanzämtern gemeldet ist weniger als ein Zehntel, nämlich 838,2 Mrd. Euro. Besonders reich sind die Bürger in Südtirol, überraschenderweise auch in Ligurien und außerdem im Aostatal. In Südtirol beträgt das Durchschnittsvermögen pro Kopf 272 500 Euro, in Süditalien meist deutlich unter 100 000 Euro. So ganz genau weiß man das nicht. Aber zu holen wäre da sicher mehr als durch das Schröpfen von Touristen.Bevor Rom jedoch ernsthaft gegen säumige Steuerzahler vorgeht, fordert man lieber Solidarität der anderen Europäer. Mit der Umsetzung von EU-Maßnahmen, etwa von Richtlinien, nimmt man es dagegen nicht so genau. Die Neuausschreibung der Konzessionen von Strandbädern etwa wird seit vielen Jahren verzögert.