Schlagworte und Sticheleien

Von Peter de Thier, Washington Börsen-Zeitung, 18.10.2012 Jene Vorentscheidung, die sich der republikanische Präsidentschaftskandidat Mitt Romney vom zweiten Rededuell mit US-Präsident Barack Obama erhofft hatte, hat die mit Spannung erwartete...

Schlagworte und Sticheleien

Von Peter de Thier, Washington Jene Vorentscheidung, die sich der republikanische Präsidentschaftskandidat Mitt Romney vom zweiten Rededuell mit US-Präsident Barack Obama erhofft hatte, hat die mit Spannung erwartete TV-Debatte nicht gebracht. Nach einem überraschend schwachen Auftritt bei der Auftaktveranstaltung in Denver fand Obama zu seiner alten Form zurück. Selbstbewusst und angriffslustig versuchte der Amtsinhaber, Widersprüche in den Positionen seines Gegners aufzudecken.Während die Debatte in Denver der Wirtschaft gewidmet war und bei der letzten Diskussion am kommenden Montag Außenpolitik im Mittelpunkt stehen wird, stand es 82 ausgewählten Wechselwählern an diesem Abend frei, die beiden Anwärter aufs höchste Amt nach Lust und Laune zu befragen: nach ihren Plänen, um mehr Jobs zu schaffen, die kränkelnde US-Wirtschaft auf Vordermann zu bringen, sich von ausländischen Ölimporten freizustrampeln und das Einwanderungssystem zu reformieren. Der Refrain blieb jedenfalls derselbe: Obama stempelte seinen Gegner zu einem opportunistischen Vorkämpfer für die Interessen der Reichen und Privilegierten, der zu abgehoben sei, um die Anliegen der Mittelklasse zu verstehen. Romney hingegen versprach Steuersenkungen für alle Amerikaner und vor allem Kleinbetriebe, die dann zwölf Millionen neue Stellen schaffen und der Wirtschaft neues Leben einhauchen würden. Schonungslos zog er über die angeblichen Versäumnisse der amtierenden Regierung her, von steigenden Defiziten und Dauerschwäche am Arbeitsmarkt bis hin zu jenen Sicherheitslücken, die zum Tod von Amerikanern in der US-Botschaft von Bengasi führten.Von jener Höflichkeit und diskreten Zurückhaltung, die dem Präsidenten während der ersten Debatte als Schwäche ausgelegt worden waren, war nichts zu spüren. Im Streit um Wirtschaftspolitik und neue Jobs warf Obama seinem Gegner vor, er habe dafür plädiert, die US-Autoindustrie untergehen zu lassen. Romney schoss zurück, dass es der Präsident war, der die “Großen Drei” aus Detroit faktisch einem Insolvenzverfahren unterzogen habe. “Es ist einfach nicht wahr, was Sie sagen”, antwortete Obama, der immer wieder ungläubig den Kopf schüttelte, es aber wie auch sein Gegner versäumte, eine klare Vision für die kommenden vier Jahre zu skizzieren und konkrete Vorschläge zur Belebung des Arbeits- oder Häusermarkts zu präsentieren.Obwohl es Romney an jeder Schlagkraft und Energie fehlte, gab sich der Republikaner keine Blöße und parierte die Attacken des Präsidenten souverän. Stellvertretend für viele Wechselwähler fragte ihn eine Frau aus dem Publikum, was den früheren Gouverneur von Massachusetts denn von George W. Bush unterscheide. “Präsident Bush und ich sind verschiedene Menschen”, sagte er. Im Gegensatz zu seinem Parteifreund habe er in Massachusetts bewiesen, dass er die Staatsfinanzen sanieren kann, sich für Klein- und Mittelbetriebe stark machte und für Unabhängigkeit von Ölimporten. Bush hingegen “habe einen anderen Weg für eine andere Ära gewählt”, distanzierte sich Romney geschickt von dem unpopulären Altpräsidenten.Zwar bescheinigen die meisten Umfragen Obama einen Punktsieg, mit dem er die republikanische Aufholjagd nach der ersten Debatte zunächst gebremst haben dürfte. Gleichzeitig bewies die Veranstaltung aber ein weiteres Mal, dass in der Endabrechnung Fernsehduelle nur selten den Wahlausgang bestimmen. Entscheidend wird vielmehr sein, welcher Kandidat in der Schlussphase die bessere Strategie und überzeugenderen Argumente hat, um in jenem knappen Dutzend “Swing States” mit einem hohen Anteil unentschlossener Wähler diese an Bord zu holen. Leichte Vorteile hat in den meisten dieser Staaten der Präsident, der an Elektorenstimmen gemessen mit einem knappen Vorsprung auf die Zielgerade einbiegt. Er weiß aber, dass es bis zum Ende bitter bleiben wird und sein Kontrahent nicht daran denkt, ihn so einfach ziehen zu lassen.—–Beim zweiten TV-Duell der Präsidentschaftskandidaten ging Obama als Sieger hervor.—–