Scholz macht noch mehr Schulden
wf Berlin
Mit deutlich mehr neuen Schulden als noch im März vom Kabinett in Eckpunkten gebilligt will Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) die Bundesausgaben des nächsten Jahres finanzieren. Knapp 100 Mrd. Euro Nettokreditaufnahme sind für 2022 vorgesehen, rund 18 Mrd. Euro mehr als bislang geplant. Dies geht aus der Kabinettsvorlage für den Etat 2022 und die mittelfristige Finanzplanung bis 2025 hervor. Die Ausgaben fallen mit 443 Mrd. Euro ebenfalls höher aus als im März mit 419,8 Mrd. Euro veranschlagt. Die Kabinettsvorlage für die Entscheidung am Mittwoch liegt der Börsen-Zeitung vor. Für 2021 sind pandemiebedingt neue Schulden von 240,2 Mrd. Euro eingeplant. Ob der Betrag in voller Höhe genutzt wird, ist noch unklar. Die Wirtschaftsentwicklung zeigt sich besser als angenommen, so dass dies die Lage etwas entspannen dürfte.
Scholz „ohne Ehrgeiz“
Eckhardt Rehberg, haushaltspolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, warf Scholz vor, „keinen Ehrgeiz als Finanzminister gezeigt“ zu haben. „Die bisher ungelösten Herausforderungen im Haushalt müssen von der neuen Koalition angegangen werden“, erklärte Rehberg in Berlin. Vor allem die weiter steigenden Zuschüsse an die Sozialversicherungen und die Transfers an Länder und Kommunen müssten eingedämmt werden, verlangte er. „Der Bund kann nicht alle anderen staatlichen Ebenen dauerhaft alimentieren, sondern muss seine eigenen Aufgaben erledigen.“ Rehberg wies zugleich darauf hin, dass der Haushaltsentwurf für 2022 von diesem Bundestag nicht mehr beraten und beschlossen wird. Nach der Bundestagswahl wird die neue Koalition den Etat überarbeiten und eigene Akzente setzen.
Die nach der Schuldenbremse erlaubte Defizitmarke wird nach dem nun vorliegenden Etatentwurf 2022 um 98,4 Mrd. Euro überschritten. Erlaubt ist laut Grundgesetz nur ein konjunkturbereinigtes, strukturelles Defizit von 0,35% des Bruttoinlandsprodukts. Die Schuldenbremse war in der Corona-Pandemie bereits 2020 und 2021 vom Bundestag ausgesetzt worden. Die überbordenden Schulden müssen nach dieser Fiskalregel in künftigen Jahren getilgt werden. Der Bundeshaushalt wird mit den bisher aufgelaufenen Schulden bereits jährlich mit rund 19 Mrd. Euro zusätzlich belastet sein, wenn die Tilgung voll greift. Hinzu kommen höhere Zinsausgaben, die für 2022 mit knapp 14 Mrd. Euro veranschlagt sind – fast doppelt so viel wie 2020 mit 7,5 Mrd. Euro. Zudem sei in der Finanzplanungsperiode bis 2022 mit einem „weiteren moderaten Anstieg der Zinsausgaben zu rechnen“, heißt es in der Kabinettsvorlage. Von 2018 bis 2021 habe der Bund 45,5 Mrd. Euro kumuliert an Zinsen ausgegeben. In der kommenden Legislaturperiode von 2022 bis 2025 werden die Zinsausgaben demnach voraussichtlich auf rund 59 Mrd. Euro steigen.
Geld für Soziales
Die zusätzlichen schuldenfinanzierten Ausgaben fließen nach Angaben aus Regierungskreisen zum großen Teil in die Sozialversicherungen. Damit könnten die Beiträge bei maximal 40% stabilisiert werden, hieß es. Rund 7 Mrd. Euro sind davon für den Gesundheitsfonds vorgesehen, jeweils 1 Mrd. Euro gehen an die Bundesagentur für Arbeit und in die Pflegeversicherung. Allein schon die Ausgaben des Bundes als Zuschuss für die gesetzliche Rentenversicherung werden deutlich steigen: 2020 lagen sie noch bei 108 Mrd. Euro, bis 2025 werden sie auf 122,4 Mrd. Euro zulegen. Rund 3 Mrd. Euro der Mehrausgaben sind für weitere Wirtschaftshilfen reserviert. Erhöht wurden die Ausgaben für den Klimaschutz in Form des KfW-Sonderprogramms um 4 Mrd. Euro. Zur Beschaffung von Impfstoff, der für eine mögliche Auffrischungsimpfung vorgesehen ist, wurden 1,9 Mrd. Euro eingeplant. Betont wurde in Regierungskreisen, dass die geplanten Investitionsausgaben mit gut 50 Mrd. Euro in den nächsten Jahren hoch blieben. 2020 hatte es einen Sondereffekt gegeben. Der Bund hatte 59,3 Mrd. Euro ausgegeben.
Bundeshaushalt 2022 und Finanzplanung | ||||||
Soll | Eckwerte | Entwurf | Finanzplan | |||
in Mrd. Euro | 20211 | 2022 | 2022 | 2023 | 2024 | 2025 |
Ausgaben | 547,7 | 419,8 | 443,0 | 403,4 | 407,6 | 408,3 |
Veränderung ggü. Vorjahr (%) | 24,0 | –23,4 | –19,1 | – 8,9 | 1,0 | 0,2 |
Steuereinnahmen | 284,0 | 308,2 | 315,2 | 332,9 | 346,4 | 359,2 |
Nettokreditaufnahme | 240,2 | 81,5 | 99,7 | 5,4 | 12,0 | 11,8 |
Haushaltslücke | – | – | – | 0 | 0 | 6,2 |
Investitionen | 59,3 | 50,0 | 51,8 | 50,9 | 50,8 | 50,8 |
1) In der Fassung des Nachtragshaushalts 2021. Differenzen durch Rundung möglich. Quelle: Bundesfinanzministerium Börsen-Zeitung |