Schwacher US-Jobmarkt weckt Hoffnung auf Zinssenkung
Schwacher Jobmarkt weckt Zinshoffnungen
Kräftige Revisionen für Juni und Mai zeichnen in den USA ein düsteres Bild
det Washington
Der US-Arbeitsmarkt hat in den drei vergangenen Monaten kräftig Federn gelassen. Das wird den Druck auf die Fed verstärken, spätestens im September den Leitzins zu senken. Wie das Bureau of Labor Statistics (BLS) des Arbeitsministeriums berichtete, entstanden im Juli ohne Berücksichtigung des Agrarsektors nur 73.000 neue Jobs. Erwartet hatten Bankvolkswirte ein Plus von über 100.000. Die Arbeitslosenquote stieg von 4,1 auf 4,2%.
Für einen regelrechten Schock sorgten hingegen die Revisionen für die beiden vorangegangenen Monate. So hatten Arbeitgeber im Juni und Mai zusammen nur 33.000 Mitarbeiter eingestellt. Zuvor hatte das BLS für Juni Stellenwachstum von 147.000 und für Mai 144.000 gemeldet. Das BLS begründete die Korrektur damit, dass mehrere Unternehmen und staatliche Behörden seit der ersten Schätzung neue Zahlen eingereicht haben. Auch hätten saisonale Faktoren zu Revisionen geführt, schrieb das BLS.
Zu dem flauen Wachstum trugen fast ausschließlich das Gesundheitswesen und der Sozialbereich bei. Im Gesundheitssektor stellte das Ministerium einen Anstieg um 55.000 Stellen fest. Im Sozialwesen fanden 18.000 Personen einen Job. Mit einem Minus von 12.000 setzte sich der Aderlass bei Bundesbediensteten fort. Im staatlichen Bereich wurden seit Januar 84.000 Positionen gestrichen. In anderen Branchen blieben die Beschäftigungszahlen kaum verändert, unter anderem im verarbeitenden Gewerbe, der Bauwirtschaft, dem Gast- und Freizeitgewerbe und bei Fachdienstleistern. Die Erwerbsquote gab um 0,1 Prozentpunkt auf 62,2% nach.
Zollwirkungen setzen später ein
Die Aufmerksamkeit der Märkte wird nun der Frage gelten, welche Folgen der Bericht für die Fed haben könnte. Zwar zogen die Durchschnittslöhne auf Jahressicht um 3,9% an. Der Lohndruck hat damit leicht zugenommen. Im Juni hatte das BLS eine Zunahme um 3,8% gemessen. Für Juli hatten Bankvolkswirte einen Anstieg um 3,7% prognostiziert. Entscheidender ist aber die relative Schwäche am Jobmarkt.
Fed-Vorstandsmitglied Christopher Waller hatte während der vergangenen Wochen wiederholt vor einer kräftigen Abschwächung am Arbeitsmarkt gewarnt. Insbesondere hatte er die statistischen Revisionen vorausgesagt, die allerdings heftiger ausfielen als erwartet. Notwendig sei daher eine Lockerung der geldpolitischen Zügel, „ehe der Jobmarkt einbricht“, hatte Waller gesagt.
Dissens innerhalb der Fed
Im Gegensatz zu Notenbankchef Jerome Powell und anderen Fed-Gouverneuren bereiten ihm auch die inflationären Folgen von US-Präsident Donald Trumps Einfuhrzöllen keine größeren Sorgen. Folglich votierten Waller und Vorstandsmitglied Michelle Bowman am Mittwoch gegen den Mehrheitsentscheid, für den Leitzins am Zielkorridor von 4,25 bis 4,5% festzuhalten.
Wie Seema Shah, Chief Global Strategist bei Principal Asset Management, festellte, stimmt nicht nur die Schwäche im Juli nachdenklich. Auch würden die Revisionen für die beiden vorangegangenen Monate „das Bild eines deutlich weniger robusten Arbeitsmarkts zeichnen“. Besorgniserregend sei vornehmlich die Tatsache, dass die Folgen der Zölle sich erst jetzt nach und nach bemerkbar machen. Folglich sei „in den kommenden Monaten mit einer weiteren Abschwächung zu rechnen“, glaubt Shah.
Verhaltener Optimismus
Ökonomen glauben, dass der Arbeitsmarktbericht einen Kursschwenk bei der Fed auslösen könnte. Trotz der deutlich geringeren Teuerung hat deren Offenmarktausschuss (FOMC) seit Dezember 2024 den Leitzins unverändert gelassen. Auch hielten sich nach der jüngsten FOMC-Sitzung die Hoffnungen auf eine Lockerung im September in Grenzen. Das flaue Jobwachstum führte nun aber dazu, dass das FedWatchtool der CME Group mit einer Wahrscheinlichkeit von über 73% eine Zinssenkung unterstellt.
Unterdessen hat der Optimismus bei US-Konsumenten im Juli immerhin ein wenig zugenommen. Der Index der Verbraucherstimmung der University of Michigan legte den zweiten Monat in Folge zu. Der Index stieg um 1,6% auf 61,7%, liegt aber nach wie vor um 7,1% unter dem Wert vom Vorjahr. Kurssteigerungen an den Märkten führten dazu, dass bei Besitzern von Aktien die Zuversicht wuchs und darüber hinaus der Optimismus leicht nachließ. Längerfristig gehen aber fast alle der befragten Gruppen davon aus, dass sich die Wirtschaft auf brüchigem Boden bewegt. Die Inflationserwartungen für das kommende Jahr rutschten von 5,0 auf 4,5%
Schwäche auch in der Industrie
Durch andauernde Schwäche zeichnet sich die Industrie aus, die unter Trumps unberechenbarem Kurs in der Handelspolitik leidet. Der Index des Institute for Supply Management (ISM) für das verarbeitende Gewerbe rutschte im Juli um einen Prozentpunkt auf 48%. Es handelte sich um die fünfte Messung in Folge, die eine Kontraktion in der Branche signalisiert. Der Einkaufsmanagerindex (PMI) von S&P Global fiel im Juli von 52,9 auf 49,8 Punkte. Chris Williamson, Chief Business Economist bei S&P Global Market Intelligence, sagte, dass „Sorgen um die Einfuhrzölle das geschäftliche Klima weiter beherrschen“. Außerdem meldete das Handelsministerium für Juni gegenüber dem Vormonat einen Rückgang der saisonbereinigten Bauausgaben um 0,4%.