Konjunkturelle Abwärtsspirale setzt sich in Bewegung
Konjunkturelle Abwärtsspirale setzt sich in Bewegung
Wachsende Angst vor Jobverlust hält Verbraucher vom Konsum ab – Ifo: Stellenabbau nimmt weiter zu
lz Frankfurt
Die zuletzt zunehmenden Ankündigungen deutscher Unternehmen, Arbeitsplätze zu streichen, Mitarbeiter zu entlassen oder ganze Werke zu schließen, schlagen inzwischen auf das Kaufverhalten der Verbraucher durch: Sie halten sich bei Anschaffungen immer mehr zurück, zweifeln an der erhofften Wirtschaftsbelebung – und verschlimmern damit die konjunkturelle Situation weiter. Trotz der steuerlichen Entlastungen durch die Bundesregierung und höherer Ausgaben über Sondervermögen und Rüstungskäufe droht damit sogar eine konjunkturelle Abwärtsspirale.
Wie die GfK-Marktforscher und das Nürnberg Institut für Marktentscheidungen (NIM) mitteilten, trübt sich die Verbraucherstimmung im August kräftig ein. Das für September berechnete Konsumklima-Barometer sank um 1,9 Punkte auf minus 23,6 Zähler und damit den dritten Monat in Folge. Ökonomen zeigten sich vom Ausmaß der Eintrübung überrascht. „Mit dem dritten Rückgang in Folge befindet sich das Konsumklima nun definitiv in der Sommerflaute“, erklärte der NIM-Expertre Rolf Bürkl zu der August-Umfrage unter rund 2000 Verbrauchern.
Auch die Konjunkturerwartungen der Verbraucherinnen und Verbraucher trüben sich der Erhebung zufolge weiter ein. Diese rutschen auf den niedrigsten Wert seit einem halben Jahr. Die Verbraucherinnen und Verbraucher rechnen demnach offenbar nicht mit einer baldigen Erholung der deutschen Wirtschaft.
Stellenabbau beschleunigt sich
Wesentlicher Grund ist nach Angaben der Forscher, dass die Konsumenten wegen der Situation am Arbeitsmarkt ihre Einkommensaussichten nicht mehr so gut einschätzen. Zuletzt ist die Zahl der registrierten Arbeitslosen angestiegen. Sie blieb im Juli aber noch knapp unter drei Millionen. Manche Experten erwarten für die am Freitag anstehenden Zahlen der Bundesagentur für Arbeit (BA) für August ein Überschreiten dieser Marke.
Dass die Sorgen der Privathaushalte durchaus begründet sind, zeigt das ebenfalls am Mittwoch veröffentlichte Ifo-Beschäftigungsbarometer, für das tausende Unternehmen nach ihren revidierten Personalplanungen befragt wurden. Der Indikator ging von 94 auf 93,8 Punkte zurück. Noch spricht Ifo-Umfragechef Klaus Wohlrabe nur davon, dass die Unternehmen bei den „Personalplanungen vorsichtig agieren“. Doch die Tendenz zum Stellenabbau hat sich zuletzt eher noch verstärkt. So streicht die Autobranche einer Studie zufolge so viele Arbeitsplätze wie kein anderer Industriezweig. Allein binnen eines Jahres seien mehr als 50.000 Stellen entfallen, hat die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft EY nachgerechnet. Das entspreche knapp 7% aller Jobs in der Branche.
Demgegenüber zeigt der Frühindikator des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) insgesamt „erste Lichtblicke“ an, wie IAB-Experte Enzo Weber erläutert. Das auf der Basis von Befragungen der Arbeitsämter herausgegebene Arbeitsmarktbarometer hat sich im August positiv entwickelt. Doch geben die Arbeitsmarktzahlen und der Eindruck auf den Arbeitsämtern nicht unbedingt die Entwicklung am aktuellen Rand wider.
Jobsorgen nehmen zu
Wie die GfK-Umfrage zeigt, blicken die Verbraucher sehr genau auf die Entwicklung am Arbeitsmarkt. Der Sorge vor Arbeitslosigkeit erreichte den höchsten Wert in diesem Jahr. „Eine zunehmende Angst vor Jobverlust sorgt dafür, dass viele Konsumenten gerade mit größeren Anschaffungen weiterhin vorsichtig bleiben“, resümierte Bürkl. „Damit schwinden die Hoffnungen auf eine durchgreifende Erholung der Konsumstimmung noch in diesem Jahr weiter.“
Und nach zuvor fünf Anstiegen in Folge ging es auch mit den Einkommensaussichten der Verbraucher im August bergab. Das entsprechende Barometer verliert gegenüber dem Vormonat 11,1 Zähler und fällt mit 4,1 Punkten auf den niedrigsten Wert seit März 2025. Neben den Sorgen um einen möglichen Verlust des Arbeitsplatzes dürften laut den Forschern unter den Konsumenten auch die anhaltende Verunsicherung über die Entwicklung der Verbraucherpreise eine Rolle spielen.
Rezessionsgefahr wächst wieder
Die deutsche Wirtschaft steht derzeit schon mit einem Bein in der Rezession. Das Bruttoinlandsprodukt schrumpfte im zweiten Quartal um 0,3%, nachdem es im ersten noch um 0,3% gewachsen war. Sinkende Investitionen und Exporte sowie ein schwacher Konsum belasten Europas größte Volkswirtschaft. Nach Angaben der Nürnberger Konsumforscher sinken die Hoffnungen auf eine Erholung der deutschen Wirtschaft noch in diesem Jahr aus Verbrauchersicht daher noch weiter. „Die steigende Arbeitslosigkeit, der in Teilen holprige Start der neuen Bundesregierung sowie die unsichere Zollpolitik der USA sorgen derzeit nicht für eine Aufbruchstimmung unter den Konsumenten“, urteilt Bürkl.