Kreditwürdigkeit

S&P-Verdikt stürzt Paris noch tiefer ins Schlamassel

Die Herabstufung der Bonität auf „A+“ erhöht die Zinskosten für Frankreich. Dabei läuft der Haushalt schon jetzt aus dem Ruder. Die politische Krise vertieft sich damit immer weiter.

S&P-Verdikt stürzt Paris noch tiefer ins Schlamassel

S&P-Verdikt stürzt Paris noch tiefer ins Schlamassel

Bonität auf „A+“ herabgestuft - Zinskosten steigen und erschweren die Konsolidierung des Haushalts - Italien steht immer besser da

Die Herabstufung der Bonität auf „A+“ durch S&P erhöht die Zinskosten für Frankreich. Dabei läuft der Haushalt schon jetzt aus dem Ruder und das Defizit lässt sich nicht mehr bändigen. Die politische Krise vertieft sich immer weiter.

lz Frankfurt

Die Ratingagentur Standard & Poor's hat in einer außerplanmäßigen Aktualisierung die Bonität Frankreichs von „AA“ auf „A+“ herabgestuft und dabei auf die „erhöhte“ Unsicherheit hinsichtlich der öffentlichen Finanzen verwiesen, nachdem die Regierung zugesagt hatte, die Rentenreform auszusetzen. „Trotz der Vorlage des Haushaltsentwurfs für 2026 im Parlament in dieser Woche bleibt die Unsicherheit über die Staatsfinanzen Frankreichs hoch”, erklärte S&P in einer Stellungnahme.

Durch die schlechtere Bewertung kann die Zinslast bei neu auszugebenden Staatsanleihen steigen. Finanzminister Roland Lescure interpretiert die Ratingentscheidung denn auch als „Aufruf zur Klarheit, zur Verantwortung“, wie er dem Radiosender Franceinfo sagte. Frankreich könne sich nicht leisten, die dritte Herabstufung der Kreditwürdigkeit innerhalb weniger als einem Jahr zu ignorieren.

Rentenreform ausgesetzt

Der französische Premierminister Sebastien Lecornu überstand am Donnerstag zwei Misstrauensanträge im Parlament, nachdem er sich verpflichtet hatte, ein unpopuläres Gesetz zur Anhebung des Rentenalters auszusetzen. Die Aussetzung des Rentengesetzes bis zur nächsten Präsidentschaftswahl im Jahr 2027 war ein bedeutendes Zugeständnis an die Sozialistische Partei. Die Rentenreform galt als eine der wichtigsten Errungenschaften des französischen Präsidenten Emmanuel Macron.

S&P prognostiziert für Frankreich in diesem Jahr ein Wirtschaftswachstum von 0,7% und für 2026 eine „verhaltene Erholung“. „Die zusätzlichen Risiken für unsere Wachstumsprognose sind beträchtlich, insbesondere angesichts der Möglichkeit, dass sich die höheren Kreditkosten der Regierung auf die Finanzierungskosten für den Rest der französischen Wirtschaft auswirken“, erklärte die Ratingagentur.

Spread weitet sich aus

Die politischen und fiskalischen Herausforderungen Frankreichs seit Macrons Ankündigung von Neuwahlen im Juni 2024 haben zu einem Ausverkauf französischer Vermögenswerte geführt und die Kreditkosten des Landes in die Höhe getrieben. Der Spread zwischen französischen und deutschen 10-jährigen Anleihen – ein wichtiger Risikomesswert – stieg in den letzten Wochen um über 85 Basispunkte, von weniger als 50 vor der vorgezogenen Wahl. Seit Lecornu diese Woche das Misstrauensvotum überstanden hat, hatte sich der Spread dann wieder auf etwa 78 Punkte verringert.

Bei S&P hat die zweitgrößte Volkswirtschaft der Eurozone jetzt die gleiche Note wie Portugal und Spanien. Die S&P-Experten rechnen nach wie vor mit einer hohen Neuverschuldung des Landes von mehr als 5% gemessen am Bruttoinlandsprodukt. Die neu formierte Regierung um Premierminister Sébastien Lecornu hat sich zum Ziel gesetzt, diesen Wert im kommenden Jahr von den für 2025 erwarteten 5,4% auf 4,7% zu drücken. Bis 2029 soll die Neuverschuldung eigentlich auf 3% der Wirtschaftsleistung sinken.

Doppel-A verloren

Mit der überraschenden Abstufung durch S&P hat Frankreich bei zwei der drei größten Ratingagenturen die Doppel-A-Einstufung verloren. Erst im September hatte Fitch die Note für die Kreditwürdigkeit des Landes von „AA-“ auf „A+“ reduziert. Am Freitag kommender Woche steht die Entscheidung von Moody's an. Diese stuft das Land derzeit noch mit „Aa3“ ein.

Italien überrascht positiv

Demgegenüber scheint sich Italien langsam aus seinen zuletzt schlechten Bonitätsbewertungen herauszuarbeiten. Die Ratingagentur DBRS Morningstar hat seine Kreditwürdigkeit von „BBB“ auf „A“ angehoben. Zur Begründung verwies die Agentur auf eine widerstandsfähigere Wirtschaft und die Erwartung, dass die Konsolidierung der Staatsfinanzen zur Stabilisierung der Schuldenquote beitragen werde.

Wirtschaftsminister Giancarlo Giorgetti begrüßte die Entscheidung. „Als Ergebnis der konstanten Arbeit der letzten drei Regierungsjahre kehrt Italien mit großem Stolz in die erste Liga zurück“, sagte er. Der Ausblick für die Bewertung sei von „positiv“ auf „stabil“ geändert worden, teilte DBRS weiter mit. Die Kreditwürdigkeit Italiens bleibe jedoch durch die sehr hohe Staatsverschuldung, eine hohe und steigende Zinslast sowie ein potenziell schwaches Wirtschaftswachstum eingeschränkt, hieß es.

Griechenland stabil

Auch Griechenland, vor einiger Zeit eines der größten Problemländer der Eurozone, hat sich hinsichtlich seiner Kreditwürdigkeit stabilisiert. Die wirtschaftlichen Aussichten des Landes sind solide, gestützt durch Investitionsprojekte und eine starke Nachfrage im Tourismussektor, schreibt S&P am Freitag und teilt mit, dass die Lang- und Kurzfristratings für das Land mit „BBB/A-2” bestätigt wurden. Auch der Ausblick bleibt auf „stabil“.

Seit 2023 erziele Griechenland außergewöhnlich hohe Primärhaushaltsüberschüsse von durchschnittlich 3,4% des BIP. S&P Global Ratings prognostiziert, dass die Regierung für 2025 zum zweiten Mal in Folge einen Gesamtüberschuss im Haushalt erzielen wird, wodurch sie als eines der wenigen Länder der entwickelten Märkte in der Lage sein wird, ihre Nettoverschuldung zum zweiten Mal in Folge in absoluten Zahlen zu tilgen. Obwohl die außenwirtschaftlichen Ungleichgewichte Griechenlands nach Meinung von S&P hoch sind, sei man der Ansicht, dass die Mitgliedschaft im Euroraum und die Einhaltung der EU-Fiskalpakte genügend Schutz vor dem Risiko eines Zahlungsbilanzschocks bieten würden.