Konjunktur

Spaniens Wirtschaft kühlt nur langsam ab

Das Wirtschaftswachstum in Spanien hat im dritten Quartal wie erwartet nachgelassen. Doch mit einem Jahresanstieg von 1,8% steht man im europäischen Vergleich recht gut da. Der Schlüssel ist der robuste Arbeitsmarkt.

Spaniens Wirtschaft kühlt nur langsam ab

Spaniens Wirtschaft
kühlt nur langsam ab

BIP legt 0,3 Prozent zu – Politische Hängepartie geht weiter

ths Madrid

Die Konjunktur in Spanien verliert an Schwung, steht aber im europäischen Vergleich noch relativ gut da. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) wuchs nach vorläufigen Zahlen im dritten Quartal um 0,3%, wie das Statistikamt INE am Freitag mitteilte. Das ist ein Zehntel weniger als in den drei Monaten zuvor und zwei Zehntel weniger als in den ersten drei Monaten des Jahres. Die Jahresrate verringerte sich bis September auf 1,8%, gegenüber den 2% des zweiten Quartals.

Die meisten Wirtschaftsexperten gehen dennoch für dieses Jahr von einem Wachstum von mehr als 2% aus. Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) erwartet in ihrem jüngsten Bericht vom 25. Oktober ein Wachstum von 2,5% in diesem Jahr. Sie senkte ihre Prognose für 2024 jedoch auf 1,5%.

Überraschende Widerstandsfähigkeit

Der ausschlaggebende Faktor in einem international schwierigen Umfeld ist die robuste Binnennachfrage, mit einem Wachstum von 1,7% im Quartal. Die Exporte lassen dagegen deutlich nach. Spanien bekommt vor allem den wirtschaftlichen Abschwung in Deutschland, einem der wichtigsten Handelspartner, zu spüren. Die Nachfrage der Privathaushalte hielt mit einem Anstieg von 1,4% im Quartal dem negativen Effekt von hoher Inflation und hohen Zinsen stand.

Die Experten zeigten sich etwas überrascht von der Widerstandsfähigkeit des spanischen Arbeitsmarktes, trotz der Doppelkrise durch Pandemie, die den Tourismus lange lähmte, und hohe Inflation. Das Jobwachstum schwächt sich seit Jahresbeginn zwar ab. Doch erreichte die Zahl der Erwerbstätigen im dritten Quartal einen Höchstwert von 21,36 Millionen Personen, wie die vierteljährliche Erhebung des INE kürzlich ergab. Allerdings stieg die Arbeitslosenquote leicht auf 11,84% an, weil mehr Menschen dem Arbeitsmarkt beitraten. Das Urlaubsland hat nach zwei schwierigen Jahren diesen Sommer wieder das Normalniveau erreicht, was sich auf dem Arbeitsmarkt auszahlt.

Für die weitere Entwicklung der spanischen Wirtschaft ist das politische Panorama nicht ganz unerheblich. Seit den vorgezogenen Parlamentswahlen von Ende Juli ist die Linkskoalition von Ministerpräsident Pedro Sánchez nur noch geschäftsführend im Amt und kann daher keinen vollständigen Haushaltsplan für 2024 verabschieden. Die vielen staatlichen Hilfen für den Inflationsausgleich laufen ohne neuen Haushalt zum Jahresende aus.

Koalitionsabkommen auf dem Weg

Der Oppositionsführer Alberto Núñez Feijóo von der konservativen Volkspartei hatte bei der Wahl zwar die meisten Stimmen und Sitze erobert, doch reichte es im Parlament nicht zu einer Mehrheit. Nun hat Sánchez bis zum 27. November Zeit, eine sehr breite Allianz mit allen nationalistischen Parteien zu schmieden. Sollte er scheitern, käme es am 14. Januar zu Neuwahlen.

Anfang der Woche legten die Sozialisten von Sánchez und ihr Koalitionspartner Sumar das Koalitionsabkommen vor, für den Fall, dass man vier Jahre weiterregieren kann. Darin ist unter anderem eine Reduzierung der Arbeitswoche von 40 auf 37,5 Stunden vorgesehen. In einer umfangreichen Steuerreform sollen Großunternehmen mit einer Mindeststeuer von 15% auf ihren Buchgewinn belegt werden, unabhängig von Abschreibungsmöglichkeiten. Auch die auf 2022 und 2023 angelegte Sondersteuer für Banken und Energieversorger durch die Auswirkung der gestiegenen Energiepreise und Zinsen soll verlängert werden.

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.