Streit um Notwendigkeit von Sozialstaatsreformen
Streit um Notwendigkeit von Sozialstaatsreformen
Streit um Reform
des Sozialstaats
lz Frankfurt
Der Präsident des Ifo-Instituts, Clemens Fuest, und der Direktor des Walter Eucken Instituts, Lars P. Feld, haben davor gewarnt, das Rentensystem mit zusätzlichen Leistungen weiter zu überfrachten. Es genüge nicht, dass man nur den Bundeszuschuss erhöhe, um die Rentenbeiträge nicht weiter ansteigen zu lassen, weil man weitere versicherungsfremde Leistungen wie aktuell die Mütterrente in das Umlagesystem integrieren möchte. Das schaffe die Kosten nicht aus der Welt: Die Mütterrente III belaste den Bundeshaushalt bis 2031 mit rund 20 Mrd. Euro. Letztendlich werde auch dadurch die Lage der jüngeren Generationen nur weiter verschlechtert. Außerdem gerät nach Ansicht der beiden Ökonomen durch immer höhere Bundeszuschüsse die Idee der Beitragsäquivalenz in der Rentenversicherung ins Wanken. Der Bundestag müsse den Gesetzentwurf daher korrigieren, sonst komme es „zu massiven Belastungen, welche die ohnehin absehbaren Finanzierungsprobleme im Bundeshaushalt massiv verschärfen“.
IMK fordert Realismus statt Alarmismus
Die Lage des Sozialstaats sieht das gewerkschaftsnahe Forschungsinstitut IMK indes viel entspannter. Die erwarteten Ausgabensteigerungen etwa für Arbeitslose und Renten würden „vielfach übertrieben dargestellt“. Die Ausgaben für beide Sozialversicherungen seien gemessen an der Wirtschaftsleistung sogar niedriger als früher. Reformen sollten sich stattdessen auf das Gesundheitssystem konzentrieren. „Wir brauchen mehr realistische Analyse, weniger Alarmismus“, mahnte IMK-Direktor Sebastian Dullien. Tatsächlich seien die Ausgaben für die Rentenversicherung relativ zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) in den vergangenen 20 Jahren von 10,4 auf 9,4% gesunken. Die Ausgaben für die Arbeitslosenversicherung seien im selben Zeitraum von 2,3 auf 0,9% des BIP zurückgegangen. Auch die Ausgaben für Bürgergeld, Eingliederungshilfen und Sozialhilfe hätten sich relativ zum BIP seit 2010 sogar leicht von 2,8 auf 2,7% verringert.