EU-Kommission

Taxonomie-Pläne sorgen für hitzige Diskussionen

Die EU-Kommission will Atomkraft und Erdgas als nachhaltige Übergangstechnologien einstufen. Dagegen regt sich nicht zuletzt in Deutschland Widerstand. Die neue Ampel-Koalition steht vor einer Bewährungsprobe.

Taxonomie-Pläne sorgen für hitzige Diskussionen

Reuters/dpa-afx Berlin/Brüssel

Die Bundesregierung soll nach den Worten der SPD-Energieexpertin Nina Scheer in den EU-Konsultationen mit den Mitgliedstaaten erreichen, dass Atom nicht als nachhaltige Übergangstechnologie eingestuft wird. Dies habe jetzt Vorrang, sagte die energiepolitische Sprecherin der Sozialdemokraten am Dienstag im Deutschlandfunk zu einem Reuters-Bericht, wonach sich die Bundesregierung in dem bis Mitte Januar laufenden Konsultationsprozess am Ende enthalten will. Scheer räumte zugleich ein, dass es angesichts der Mehrheitsverhältnisse in der EU schwer werde, den entsprechenden Vorschlag der EU-Kommission noch zu ändern.

Scheer warf der EU-Kommission vor, dass sie die Klassifizierung nicht entsprechend der sogenannten Taxonomie-Verordnung vornehme. Die Bundesregierung und einige andere Staate hätten zudem ihren Widerstand gegen die Einstufung der Atomkraft deutlich gemacht. Die SPD-Politikerin verwies auch darauf, dass Frankreich aber in großem Maße Atomstrom produziere und es in dem Nachbarland eine „Verquickung“ zwischen ziviler und militärischer Nutzung der Atomenergie gebe.

Die EU-Kommission hat vorgeschlagen, dass Atomenergie und Erdgas mit Auflagen für einen Übergangszeitraum als nachhaltige Energieträger eingestuft werden sollen. Die Klassifikation für „grüne“ Technologien in der sogenannten Taxonomie soll dazu beitragen, dass private Investitionen künftig verstärkt in erneuerbare Energien fließen. Während die Bundesregierung die von Frankreich geforderte Einstufung der Atomenergie als nachhaltig ablehnt, begrüßt sie das grüne Label etwa für neue Gaskraftwerke, wenn diese später auf Wasserstoff umgerüstet werden können.

Bereits am Montagabend hatte Reuters unter Berufung auf Regierungskreise berichtet, dass sich die Bundesregierung auf EU-Ebene in der Frage enthalten wolle, ob Erdgas und Atom bei der Taxonomie als nachhaltige Übergangstechnologien eingestuft werden. Offiziell wollte die Regierung dazu nicht Stellung nehmen. Regierungssprecher Steffen Hebestreit hatte am Montagmittag in Berlin gesagt, die Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP prüfe die Vorschläge der EU-Kommission.

Sowohl gegen das Label für die Atomkraft als auch für fossiles Gas gibt es Kritik vor allem von Umweltverbänden. Dies bringe die Grünen in eine schwierige Position, hieß es in Regierungskreisen. Auch Wirtschafts- und Klimaminister Robert Habeck (Grüne) habe bereits am Wochenende angedeutet, dass es sehr schwer werde, die Kommissionsvorschläge noch zu stoppen.

Die Europäischen Grünen erwägen eine Klage gegen die Pläne der EU-Kommission. „Wir erwägen als Europäische Grüne, vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) gegen die Pläne der EU-Kommission, Investitionen in Gas- und Atomkraftwerke als nachhaltig und klimafreundlich einzustufen, zu klagen“, sagte der Co-Vorsitzende Thomas Waitz der „Welt“. „Die EU-Kommission weiß, dass ihr Vorschlag rechtlich anfechtbar ist und nicht auf besonders festen Beinen steht“, so der Österreicher. „Wir wollen jetzt auch im EU-Parlament eine Mehrheit gegen die Pläne mobilisieren“, sagte Waitz.

Die deutsche Rüstungs- und Verteidigungswirtschaft befürchtet derweil laut einem Bericht der „Bild“ Finanzierungsprobleme aufgrund der EU-Pläne. Die Industrie soll künftig als nicht nachhaltige Branche in der EU eingestuft werden.