Großbritannien

Tories fürchten Wahlniederlage

Nach der Niederlage bei einer weiteren Nachwahl hat der Pessimismus in der britischen Regierungspartei zugenommen. Der ehemalige Schatzkanzler Sajid Javid will nicht wieder kandidieren.

Tories fürchten Wahlniederlage

hip London

In der britischen Regierungspartei macht sich Pessimismus breit. Der ehemalige Schatzkanzler und Gesundheitsminister Sajid Javid kündigte an, bei den nächsten Wahlen nicht mehr zu kandidieren. „Es ist eine Entscheidung, mit der ich einige Zeit gerungen habe, aber ich habe mich am Ende dazu entschlossen, nicht erneut anzutreten“, schrieb der einstige Hoffnungsträger der Partei seinem Ortsverband. Es wäre seine fünfte Kandidatur gewesen. Bei einer Nachwahl in Chester baute Labour ihren bisherigen Vorsprung von 11,3 auf 38,6 Prozentpunkte aus. Dabei war der Urnengang nötig geworden, weil Chris Matheson, der Labour-Abgeordnete für den Wahlkreis, zurücktrat, nachdem ihm sexuelle Belästigung einer jungen Mitarbeiterin vorgeworfen wurde. Samantha Dixon (Labour) holte sich das Mandat mit 61,2 % der Stimmen. Im Juni hatten die Tories bei Nachwahlen einen Wahlkreis an Labour und einen anderen an die Liberaldemokraten verloren.

Es sei „fast unmöglich“ für die Tories, die nächsten Unterhauswahlen zu gewinnen, sagte der prominente konservative Politiker Charles Walker dem Sender Times Radio. Er hoffe, „dass Premierminister Rishi Sunak sicherstellt, dass Labour nicht den Fußboden mit uns aufwischt“, sagte der Vorsitzende des 1922 Committee, das bei der Regierungspartei über Fragen wie die Wahl der Parteispitze entscheidet. Walker hofft, dass die Tories vielleicht 220 Sitze holen und eine starke Opposition bilden können. Nach John Major sei das 1997 nicht möglich gewesen, weil die Tories nur 167 Mandate erzielten. Aus Sicht des Wahlforschers John Curtice war Labour in den vergangenen zwölf Jahren noch nie so stark wie jetzt. Aus seiner Sicht käme die Partei derzeit zwar nicht auf eine überwältigende Mehrheit, aber auf eine Mehrheit, sagte er der BBC.

Mittlerweile zeigen sich erste Folgen der Erhöhung der Übergewinnsteuer für die Öl- und Gasbranche durch Schatzkanzler Jeremy Hunt. Total Energies kündigte an, ihre Investitionen im kommenden Jahr um ein Viertel zurückzufahren. Shell hatte bereits im vergangenen Monat angekündigt, ein 25 Mrd. Pfund schweres Investitionspaket auf den Prüfstand zu stellen.

Der Londoner Stadtteil Tower Hamlets schob unterdessen dem Umzug der chinesischen Botschaft einen Riegel vor. Er verweigerte die Genehmigung für die Neuentwicklung eines ehemaligen Standorts der Royal Mint zu diesem Zweck. Die Volksrepublik hatte die Immobilie 2018 erworben.