Ifo-Investitionsumfrage

Unternehmen hadern mit dem Standort

Private Investitionen sind der Nährboden für das Wachstum. Doch wenn die Rahmenbedingungen nicht stimmen, halten sich die Unternehmen damit zurück. Das höhlt den Standort über die Jahre aus.

Unternehmen hadern mit dem Standort

Unternehmen hadern mit dem Standort

Ifo-Institut: Deutsche Wirtschaft kürzt Investitionsvorhaben weiter – Produktionspotenzial sinkt und bremst das Wachstum

Private Investitionen sind der Nährboden für das Wachstum. Doch wenn die Rahmenbedingungen nicht stimmen, halten sich die Unternehmen damit zurück. Das ist in Deutschland seit Jahren der Fall. Selbst die „Investitionsoffensive“ der Bundesregierung hat nichts geholfen. Die Zweifel sind größer als die Hoffnung.

Von Stephan Lorz, Frankfurt

Die deutschen Unternehmen haben ihre Investitionsvorhaben erneut deutlich gekürzt. Die Investitionserwartungen fielen für das laufende Jahr im November auf minus 9,2 Punkte, nach 2,4 Punkten im März, meldet das Ifo-Institut auf der Basis einer Konjunkturumfragen. „Der tiefgreifende Strukturwandel und die mangelnde Attraktivität des Standorts Deutschland bremsen die Investitionsbereitschaft der Unternehmen“, sagt Ifo-Konjunkturexpertin Lara Zarges. Die anhaltende Unsicherheit über Rahmenbedingungen verstärke die Investitionszurückhaltung zusätzlich.

Mit einem Saldo von minus 3,1 Punkten sind die Investitionserwartungen für das kommende Jahr zwar wieder etwas positiver, wie sie für das laufende Jahr gewesen waren, es geht aber immer noch abwärts. Die Industrie liegt deutlich im Minus, die Dienstleister nur leicht im Plus.

Besonders pessimistisch für das kommende Jahr zeigen sich die Chemieunternehmen und der Handel. Die Investitionen der Autobauer hingegen scheinen sich diesbezüglich zu stabilisieren, kürzen aber ihre Pläne bei Software sowie Forschung und Entwicklung. Nach Angaben des Ifo-Instituts sind die Hersteller von Datenverarbeitungsgeräten, elektronischen und optischen Erzeugnissen die einzige Branche, die über alle Anlagegüter hinweg ihre Investitionen steigern will.

Die Entwicklung ist nicht nur ein konjunktureller Schnappschuss, sondern deutet auch auf strukturelle Probleme hin, welche Deutschlands Wirtschaft immer weiter schwächt: Schon seit 2015 sind die privaten Investitionen auf dem Rückzug. Dadurch sinkt das Produktionspotenzial insgesamt über die Jahre hinweg, weswegen auch das Wachstum immer weiter geschwächt wird. Stärkere Ausgabenimpulse etwa seitens der Bundesregierung mit dem Sondervermögen für die Infrastruktur führen dann zügig zu Preissteigerungen, weil die Auslastungsgrenze auch schneller erreicht wird.

Staatssektor wächst ungebremst

Demgegenüber nimmt der Staatskonsum seit Jahren immer weiter zu. Er sei der einzige Sektor in Deutschland, der seit Jahren exorbitant zulegt, „als gebe es keine Krise“, kritisierte Ifo-Chef Clemens Fuest jüngst bei seiner Jahresschlussvorlesung in München. Zwar würde seitens der Politik ständig geklagt, der Staat sei unterfinanziert, doch das sei nur der Fall, weil die öffentliche Hand immer mehr Geld ausgebe und es dann an anderer Stelle hake. Und während staatliche Jobs „mit Steuern und Abgaben bezahlt“ würden, würde sich die Industrie am Markt finanzieren. Entsprechend müsste die Politik zunächst alles in die Wege leiten, um der Industrie bessere Rahmenbedingungen zu verschaffen und Investitionen am deutschen Standort wieder rentierlich zu machen.

Abbau der Kosten

Mit Blick auf die Auseinanderentwicklung von Staatskonsum und privaten Investitionen hatte Bundeskanzler Friedrich Merz denn auch zugesagt, diese Kurven zur Messlatte seines Handelns zu machen und eine Trendwende bei den privaten Investitionen einzuleiten. Dafür kämen neben einer Stabilisierung der Sozialbeiträge, niedrigere Energiekosten und eine innovationsfreundlichere Regulierung auch Steuererleichterungen in Betracht.

Merz: Steuersenkung später

Doch Kanzler Merz hat nun Forderungen nach einer Senkung der Körperschaftssteuer schon vor 2028 gebremst. Mit der degressiven Abschreibung von 30% über drei Jahre tue die Regierung bereits etwas für die Unternehmen. Die Körperschaftsteuersenkung komme später. „Mehr geht zum jetzigen Zeitpunkt wahrscheinlich nicht“, sagte Merz beim Arbeitgeberverband Gesamtmetall.

Ewige Stagnation Italiens

Fuest warnte in seiner Jahresschlussvorlesung vor einer weiteren langen Phase der Stagnation. Er verweist warnend auf Italien, das bereits seit einem Vierteljahrhundert nicht mehr richtig wachsen könne. Auch Deutschland könnte in diese Lage hineinschlittern. Neue Wertschöpfung und mehr Wettbewerbsfähigkeit etwa gegenüber China sei nur möglich mit neuen Ideen, Produkten und modernen Wirtschaftsstrukturen. Und die seien nicht unbedingt eine Frage staatlicher Förderung, sondern wachstumsfreundlicher Rahmenbedingungen und mehr Offenheit in Politik und Gesellschaft für neue Technologien.