Regionale Fed-Ableger fürchten Stagflation
Regionale Fed-Ableger fürchten Stagflation
Beige Book der Federal Reserve
Fed-Ableger fürchten Stagflation
det Washington
Der deutlich gestiegene Pessimismus in den Reihen der Federal Reserve hat in den USA neue Ängste vor einer möglichen Stagflation geweckt. Der regionale Konjunkturbericht, das sogenannte „Beige Book“, spiegelt große Sorgen wider über die Schwäche am Arbeitsmarkt. Auch prognostizieren die Notenbanker weiter steigende Preise und Wirtschaftswachstum, das fast an null grenzt.
Die Vielfalt der Konjunkturrisiken bringt die Währungshüter mit Blick auf den künftigen zinspolitischen Kurs in ein schwieriges Dilemma. Gleichwohl gehen Analysten mit einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit davon aus, dass die Fed übernächste Woche die erste Zinssenkung seit Dezember beschließen wird.
Verbraucher halten sich zurück
Der Bericht setzt sich zusammen aus den Beobachtungen der zwölf regionalen Zentralbanken. Demnach haben vier der Fed-Ableger seit Juli geringfügiges Wachstum gemeldet. Bei acht war die Wirtschaftstätigkeit praktisch unverändert. Für eine negative Überraschung sorgte die Entwicklung des Privatkonsums. Aufgrund des weit verbreiteten Pessimismus haben Verbraucher nämlich die Tasche zugehalten. So meldeten die Notenbanken entweder unveränderte oder rückläufige Konsumausgaben.
Ein düsteres Bild zeichnen die Notenbanker auch vom Jobmarkt. Während einige Regionen marginales Stellenwachstum meldeten, blieb in anderen das Beschäftigungsniveau unverändert. Hinzu kommt, dass die Zahl der Personen im erwerbstätigen Alter, die einen Job suchten, aber leer ausgingen, gestiegen ist. Auch ließ die Lohnentwicklung zu wünschen übrig. Fast einstimmig berichteten die Zentralbanken nämlich, dass Einkommen und Gehälter mit der Inflation nicht Schritt halten konnten.
ADP-Bericht bestätigt Schwäche
Am Donnerstag bestätigte der neue Bericht des Arbeitsmarktdienstleisters Automatic Data Processing (ADP) die pessimistische Bewertung des Jobmarkts. Laut ADP entstanden nämlich im August im Privatsektor nur 54.000 neue Stellen. Im Juli hatten Unternehmen 106.000 Arbeitsplätze geschaffen. Mit einem Plus von 50.000 trieb das Gast- und Freizeitgewerbe das Stellenwachstum.
Fachdienstleister steuerten weitere 15.000 Jobs bei. Im Bildungs- und Gesundheitswesen sowie dem Handel, der Transportwirtschaft und bei Finanzdienstleistern kam es zu Stellenstreichungen. Durch Schwäche zeichnete sich auch die Industrie aus. Im verarbeitenden Gewerbe eliminierten Firmen 7.000 Positionen. In der Industrie leisteten lediglich der Bergbau und Versorgungsunternehmen positive Beiträge. Für einen Lichtblick sorgte die Einkommensentwicklung. Bei Arbeitnehmern, die ihren Job behielten, stiegen die jährlichen Löhne und Gehälter um 4,4%. Berufstätige, die den Arbeitgeber wechselten, verzeichneten Steigerungen von 7,1%, beides Werte, die über der Inflationsrate liegen.
Folgenschwere Strafzölle
Nachdenklich stimmen laut Beige Book insbesondere die Auswirkungen der US-Einfuhrzölle. Einig waren sich die meisten darin, dass die Strafabgaben bereits auf Herstellerebene zu Buche schlagen. Allerdings zogen es die meisten Unternehmen zumindest bis jetzt vor, geringere Gewinnmargen in Kauf, anstatt die höheren Inputpreise an ihre Kunden weiterzugeben.
Sicher ist, dass die Gratwanderung, vor der die Fed steht, angesichts der Zukunftserwartungen komplexer wird. Die regionalen Notenbanker rechnen nämlich aufgrund der Zölle mit weiteren Preissteigerungen. Mehr als 60 Mal erwähnte das Beige Book das Wort „tariffs“. Gepaart mit einem stagnierenden Arbeitsmarkt und flauem Wachstum könnte sich also ein perfekter Sturm zusammenbrauen, der zu Stagflation führt.
Fed wird auf Kurs bleiben
Zumindest auf kurze Sicht dürften die schlechten Aussichten die Fed nicht vom Kurs abbringen. Nach der Veröffentlichung des Beige Book unterstellte das FedWatch Tool der CME Group mit einer Wahrscheinlichkeit von etwa 95%, dass die Währungshüter am 17. September den Leitzins um 25 Basispunkte heruntersetzen werden. Zumindest nach jetzigem Stand prognostiziert das analytische Instrument dann bis zum Jahresende mindestens eine weitere Lockerung der geldpolitischen Zügel.
Unterdessen illustriert der starke Anstieg des US-Handelsdefizits die inflationären Folgen der Zölle. Wie das Census Bureau des Handelsministeriums meldete, stieg der saisonbereinigte Fehlbetrag im Handel mit Waren und Dienstleistungen im Juli um 32,5% auf 73,8 Mrd. Dollar. Die Einfuhren legten um 5,9% zu, während die Ausfuhren um 0,3% stiegen. Zu dem höheren Importvolumen trug insbesondere der Preisanstieg bei, den die Strafabgaben auslösten. Bilateral kletterte das Defizit im Warenhandel mit China von 9,4 Mrd. auf 14,7 Mrd. Dollar. Der Passivsaldo gegenüber Deutschland stieg von 4,0 Mrd. auf 5,4 Mrd. Dollar. Positiv entwickelte sich aus US-Sicht der Handel mit der Europäischen Union. Der bilaterale EU-Überschuss schrumpfte nämlich von 9,5 Mrd. auf 8,6 Mrd. Dollar.
