US-Regierung beschönigt Trumps Kehrtwende bei Zöllen
US-Regierung beschönigt Trumps Kehrtwende bei Zöllen
US-Regierung beschönigt Trumps Kehrtwende bei Zöllen
Kurswechsel wegen hoher Einfuhrpreise und anstehendem Gerichtsurteil – Trotz der Zölle wächst das Defizit
det Washington
Angesichts steigender Einfuhrpreise hat US-Präsident Donald Trump eine Wende in der Zollpolitik eingeläutet. Mehr als 200 Waren, die mit reziproken Strafabgaben überzogen waren, hat Trump von den Zöllen freigestellt. Kritiker meinen, Trump habe erkannt, dass die Sanktionen ihre Wirkung verfehlt haben. Unterdessen ist das Weiße Haus bemüht, den Kurswechsel zu beschönigen. Insbesondere bestreiten Trumps Wirtschaftsberater, dass die Verteuerung bei Importwaren eine Folge der Zölle ist.
Am Freitag hatte der Präsident mit einem neuen Dekret die Wirkung der Abgaben in weiten Teilen neutralisiert. Mit sofortiger Wirkung befreite er Produkte wie Rindfleisch, Kaffee und Tee, verschiedene Obstsorten und Säfte ebenso wie Kakao, Gewürze und bestimmte Düngermittel von den Strafzöllen. Das Dekret begründete die Regierung mit den „substanziellen Fortschritten“ beim Aushandeln neuer Deals. Insbesondere habe der Präsident seit der Verkündung der reziproken Abgaben im April neun Handelsabkommen und zwei Verträge abgeschlossen, die zu einer deutlichen Steigerung der Auslandsinvestitionen in den USA führen würden.
Unzufriedenheit bei Wählern
Hinter der Wende dürfte sich aber das politische Ziel verbergen, Haushalte zu entlasten. So deuten Umfragen darauf hin, dass eine klare Mehrheit der US-Bevölkerung Trumps Wirtschaftspolitik ablehnt. Eine Befragung von NBC News ergab, dass zwei Drittel der US-Bürger seine Maßnahmen zur Inflationsbekämpfung für gescheitert halten. Die höheren Preise als Folge der Zölle hätten sogar das Gegenteil bewirkt. Die Teuerung hat vorletzte Woche auch maßgeblich zu der republikanischen Schlappe bei mehreren Gouverneurswahlen beigetragen.
„Es hat sich an der Handelspolitik nichts geändert“, sagte Kevin Hassett, Direktor des National Economic Council (NEC). Er verstehe zwar„den Schmerz, den Haushalte als Folge der Inflation empfinden. Wir beginnen nun aber, die Lücke zu schließen und die Preise zu senken“. US-Finanzminister Scott Bessent versuchte hingegen, die Teuerung mit einzelnen Produktgruppen zu begründen. So würden sich die Rindfleischpreise „in einem langen Zyklus bewegen. Wir befinden uns gerade in dem perfekten Sturm“. Auch wiederholten Hassett und Bessent das Argument, dass Trump die Inflation von seinem demokratischen Vorgänger Joe Biden „geerbt“ habe. Von einem Kurswechsel oder einer Kapitulation der Handelspolitik wollten sie jedenfalls nichts wissen.
Trump überschritt Kompetenzen
Zu Trumps Kurswechsel dürfte aber auch das anstehende Urteil des Obersten Gerichtshofs beitragen. Im Mai hatte das Handelsgericht United States Court of International Trade geurteilt, dass Trump mit den reziproken Zöllen seine Kompetenzen überschritten habe. Insbesondere hätte er als Begründung nicht den International Emergency Economic Powers Act (IEEPA) aus dem Jahr 1977 anwenden dürfen. Das Gesetz schreibt nämlich vor, dass Sanktionen eine nationale Sicherheitskrise zugrunde liegt. Die wird hier aber nicht als gegeben angesehen.
Die Regierung legte Berufung ein, scheiterte aber auch in zweiter Instanz. Das letzte Wort wird in den kommenden Wochen der Supreme Court sprechen. Viele Rechtsexperten glauben, dass das Verfassungsgericht die früheren Urteile bestätigen wird. Möglich ist daher, dass der Präsident mit der Aufhebung der Zölle einem für ihn ungünstigen Gerichtsentscheid vorgreifen will.
Handelsdefizit stieg weiter
Eine Rolle könnte aber auch das Unvermögen der Regierung spielen, mit den Zöllen das Handelsdefizit abzubauen. Wie aus den letzten vorliegenden Zahlen des Bureau of Economic Analysis (BEA) hervorgeht, ist das US-Defizit seit Inkrafttreten der Abgaben nicht nur nicht gesunken, sondern in den vergangenen Monaten weiter gestiegen.
So hatte der Fehlbetrag im Handel mit Waren im Juli um 18,2 Mrd. Dollar zugelegt. Aktuellere Zahlen liegen als Folge der Shutdown derzeit nicht vor. Verkündet hatte Trump die Zölle am 2. April, den er als „Liberation Day“ – den „Tag der Befreiung“ feierte. In den drei vollen Monaten seit dem Inkrafttreten der Abgaben kletterte das US-Defizit aber im Schnitt um 6,0 Mrd. Dollar pro Monat.
