US-Zölle sorgen für Rückschlag
US-Zölle sorgen für Rückschlag
BIP steigt im Euroraum leicht – Spitzenreiter Spanien – Deutschland und Italien bremsen
Die Zollstreitigkeiten der EU mit den USA zeigen deutliche Spuren in den Wachstumsdaten: Im zweiten Quartal erfolgt der erwartete Rückschlag nach den positiven Zoll-Vorzieheffekten. Den Exportbelastungen steht eine stärkere private Nachfrage gegenüber. Der EZB fehlen nun die Argumente für eine Zinssenkung im September.
ba Frankfurt
Die Konjunktur im Euroraum und deren Mitgliedsländern dürfte im zweiten Halbjahr in ruhigere Fahrwasser geraten, nachdem das erste Halbjahr von den Zollstreitigkeiten mit den USA geprägt war. Auch wenn ein Deal noch nicht in trockenen Tüchern ist und die Details noch nicht geklärt sind, sinkt die Unsicherheit – Unternehmen und private Haushalte dürften ihre Investitions- und Konsumzurückhaltung langsam und allmählich reduzieren. Zudem hat sich die von der EU-Kommission erhobene Stimmung im Juli wieder etwas erholt. Zum Anstieg des Economic Sentiment Indicator (ESI) um 1,6 auf 95,8 Punkte trugen mit Ausnahme der Baubranche alle Bereiche bei. Eine Zinssenkung der Europäischen Zentralbank im September wird damit unwahrscheinlicher.
Doppelt so hohes Wachstum ohne Irland
Die Eurowirtschaft hat im Frühjahr deutlich an Tempo verloren. Eurostat weist ein BIP-Wachstum von 0,1% zum Vorquartal aus, nach 0,6% zum Jahresstart. Ökonomen hatten im Mittel eine Stagnation erwartet. Positiver sieht das Bild aus, wenn man die volatilen Daten für Irland herausrechnet: Dann ergäbe sich ein Wachstum von 0,2%, wie Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer herausstreicht. Generell war das erste Vierteljahr von den Vorzieheffekten in Erwartung höherer US-Zölle geprägt. In Irland sorgte ein kräftiges Plus vor allem bei den Pharmaexporten in die USA für ein Wirtschaftswachstum von 7,4%. Im zweiten Quartal schlägt nun ein Minus von 1,0% zu Buche.
Deutschland und Italien bremsen
Unter den größten Euro-Volkswirtschaften zeigen sich erneut deutliche Unterschiede: Spitzenreiter bleibt Spanien, das mit 0,7% die Konsensschätzung von 0,6% übertroffen hatte. Frankreich übertrumpfte mit 0,3% gleichfalls die Prognose, die bei 0,1% gelegen hatte. Allerdings, so mahnen Ökonomen, dürfte hier wegen der Sparmaßnahmen der Regierung ein Tempoverlust bevorstehen. Ebenso wie in Italien, dessen Wirtschaft um 0,1% schrumpfte.
Auch das deutsche BIP fiel um 0,1%, wie Ökonomen erwartet hatten. Der Rückgang der Investitionen in Ausrüstungen und Bauten zum Vorquartal wog dabei schwerer als der Anstieg der privaten und staatlichen Konsumausgaben. Dies deckt sich mit den Einzelhandelsdaten: Laut des Statistikamts Destatis stiegen die Umsätze im ersten Halbjahr inflationsbereinigt um 2,9% im Jahresvergleich. Zudem revidierten die Wiesbadener Statistiker etliche zurückliegende Daten: Für das erste Quartal stehen nun 0,3% statt 0,4% zu Buche. Zum Jahresende 2024 vermeldet Destatis nun +0,2% statt –0,2%.
DIW-Barometer gibt nach
Das DIW-Konjunkturbarometer verheißt derweil ein künftig nur verhaltenes Wachstum, wie es auch Ökonomen erwarten. Der Indikator des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) sank von seinem im Juni erreichten Zwei-Jahreshoch um 0,9 auf 92,3 Punkte und entfernt sich damit von der neutralen 100-Punkte-Marke, die ein durchschnittliches Wachstum signalisiert. „Die konjunkturelle Belebung der deutschen Wirtschaft verläuft wie erwartet holprig“, sagte DIW-Konjunkturchefin Geraldine Dany-Knedlik. Trotz des Tempoverlusts nach dem starken Jahresauftakt sei der Aufschwung nicht abgeblasen: „Jetzt ist Geduld gefragt.“ Positive Impulse aus dem Regierungspaket kämen erst ab 2026.