Unerwartetes Minus für deutsche Industrie

US-Zölle verlängern Auftragsflaute

Die US-Zölle dämpfen die Auslandsnachfrage nach deutschen Industriegütern empfindlich: Im August sinken die Bestellungen um 0,8%, besonders die Automobil- und Pharmaindustrie sind betroffen.

US-Zölle verlängern Auftragsflaute

US-Zölle verlängern Auftragsflaute

Großorder verhindern Schlimmeres – Binnennachfrage stemmt sich Auslandsschwäche entgegen

Die US-Zölle dämpfen die Auslandsnachfrage nach deutschen Industriegütern empfindlich: Im August sanken die Bestellungen um 0,8%. Ohne Großaufträge wäre der Rückgang erheblich höher ausgefallen. Für einen Lichtblick sorgt die angesprungene Binnennachfrage.

ba Frankfurt

Die deutsche Industrie steckt in der Auftragsflaute fest: Im August ist der Auftragseingang unerwartet gesunken. Dass die Binnennachfrage anzieht, ist dabei kein Trost. Denn die rückläufige Auslandsnachfrage zeigt, dass die positiven Industriedaten zu Anfang des Jahres allein den Vorzieheffekten geschuldet waren, da viele Unternehmen in Erwartung höherer Kosten durch die angedrohten US-Importzölle Bestellungen vorverlagert hatten. Nachdem auch die Industrieumsätze zurückgegangen sind, dürften die Produktionszahlen, die am Mittwoch vorgelegt werden, gleichfalls ein Minus ausweisen. Insgesamt sind die Daten ein erneuter Dämpfer für deutsche Wirtschaft, mehr als ein schmales Plus wird in diesem Jahr nicht herausspringen.

Viertes Minus in Folge

Das Statistische Bundesamt (Destatis) meldet für August einen preis-, saison- und kalenderbereinigten Rückgang der Neubestellungen um 0,8% zum Monat. Ökonomen wurden von dem vierten Minus in Folge überrascht: Sie hatten mit einem Zuwachs von 1,2% gerechnet, nachdem im Juli revidiert 2,7 (zuvor: 2,9)% weniger Order eingegangen waren. Selbst ohne die Berücksichtigung der volatilen Großaufträge fielen die Auftragseingänge geringer aus als im Vormonat – und zwar um 3,3%.

Neues Hindernis: Frankreich

„Mit etwas Wohlwollen könnte man sagen, dass sich die Auftragseingänge auf einem niedrigen Niveau stabilisieren, sie schwanken seit einiger Zeit hin und her und haben seit Mitte 2024 keinen Boden gutgemacht“, kommentiert Cyrus de la Rubia, Chefvolkswirt der Hamburg Commercial Bank. Am aktuellen Rand bereiteten jedoch die Aufträge aus dem Ausland Sorgen, die den dritten Monat in Folge gefallen sind. „Hier machen sich offensichtlich die US-Zölle bemerkbar, denn die Aufträge von Ländern außerhalb der Eurozone sind mit 5,0% besonders stark zurückgegangen“. Die um 4,7% höheren Orders aus dem Inland können diesen Abwärtstrend nicht kompensieren, viele Unternehmen produzieren hauptsächlich für den Export. „Dass jetzt der wichtigste Handelspartner in Europa, Frankreich, in politisch schwieriges Fahrwasser gerät, ist zudem ein weiteres Hindernis zu einer nachhaltigen Erholung.“ Die Bestellungen aus der Eurozone sanken um 2,9%, die Auslandsaufträge insgesamt um 4,1%.

Der Blick auf die Branchen unterstreicht die Wirkung der US-Zollpolitik. Denn die stärksten Rückgänge gab es in den Bereichen der Herstellung von Datenverarbeitungsgeräten, elektronischen und optischen Erzeugnissen (–11,5%), in der Pharmaindustrie (–13,5%) und in der Automobilindustrie (–6,4%). Diese Branchen seien einerseits direkt betroffen, „andererseits aber auch aufgrund der mit der erratischen Zollpolitik einhergehenden fehlenden Planbarkeit“, analysiert Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der VP Bank. „Dies hemmt Investitionen rings um den Globus.“

Hoffen auf Regierungsgeld

„Für die bereits niedrige Kapazitätsauslastung zeichnet sich neues Leben nicht ab“, betont Alexander Krüger, Chefvolkswirt der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank. Manches Unternehmen dürfte den Einsatz der Fiskal-Bazooka, also der geplanten Milliarden-Ausgaben der Bundesregierung für die Infrastruktur, nun noch mehr herbeisehnen. „Stand jetzt reicht diese aber nicht aus, um die chronischen Probleme in der Industrie auf Dauer zu beheben.“ Der schleichende Beschäftigungsabbau dürfte erst einmal anhalten.