ExklusivKonjunkturtableau Euroland

US-Zollpolitik zeigt sich in den Details

Die Aufregung, die die erratische Handelspolitik von US-Präsident Donald Trump zunächst verursacht hat, ist kühlerem Nachdenken gewichen. Die erwarteten Folgen zeigen sich in den Konjunkturprognosen erst in den Details.

US-Zollpolitik zeigt sich in den Details

US-Zollpolitik zeigt sich in den Details

Konjunkturprognosen für Europa im Median unverändert − Unsicherheit geht aber in die Breite

Die Aufregung, die die erratische Handelspolitik von US-Präsident Donald Trump zunächst verursacht hat, ist kühlerem Nachdenken gewichen. Die erwarteten Folgen zeigen sich in den Konjunkturprognosen erst in den Details.

ba Frankfurt

Auf den ersten Blick hat sich die Aufregung wegen der verhängten und angedrohten US-Importzölle, die insbesondere nach dem sogenannten Liberation Day Anfang April aufkam, wieder gelegt. Stimmungsindikatoren wie die vom Analysehaus und dem Mannheimer ZEW erhobenen Konjunkturerwartungen haben den scharfen Einbruch großteils wieder aufgeholt. Auch das Ifo-Geschäftsklima setzt seine Aufwärtsbewegung fort. In den Details des Konjunkturtableaus der Börsen-Zeitung und des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW), in dem die Prognosen von Instituten und Banken zusammengefasst werden und davon ein Medianwert errechnet wird, zeigen sich allerdings deutlich die Spuren der erwarteten Zölle und der erhöhten Unsicherheit.

Unsicherheit spiegelt sich in größerer Bandbreite

So etwa bei den Erwartungen für das reale BIP-Wachstum in der Eurozone für das laufende Jahr. Diese stehen im Juni unverändert bei 1,0% und damit nur geringfügig über der 2024 verzeichneten Wachstumsrate von 0,9%. „Dies könnte unter anderem auf besser als erwartet ausgefallene Daten zurückzuführen sein, die jedoch durch die anhaltenden Handelsspannungen und die jüngste Aufwertung des Euro wieder ausgeglichen wurden“, erklärt ZEW-Expertin Lora Pavlova. Diese Unsicherheit spiegele sich auch in einer größeren Uneinigkeit unter den Institutionen wider: Die Bandbreite der Prognosen stieg von 0,6 auf 1,3 Prozentpunkte. Im optimistischsten Szenario wird ein Wachstum von 1,3% angenommen, während im pessimistischsten Fall ein wirtschaftlicher Stillstand erwartet wird.

Exporterwartungen gesunken

Ähnliches gilt für die Voraussagen zu den Exporten. Nach der großen Abwärtsrevision im Mai von 1,1% auf 0,3% steht die Medianprognose unverändert. Auch das pessimistische Szenario wird weiter mit −0,4% prognostiziert. Im optimistischsten Fall allerdings ist nach Einschätzung der Auguren nicht mehr als ein Zuwachs um 0,8% zu erwarten. Im Mai schienen noch 1,4% möglich. Die Erwartungen an den Staats- und Privatkonsum sowie die Anlageinvestitionen bleiben im Median unverändert.

Die Prognosen des Konjunkturtableaus übertreffen die Voraussagen der EU-Kommission und der EZB für 2025, die bei je 0,9% stehen, und liegen für 2026 eher in der Mitte. „Im Jahr 2026 sollte die Wirtschaft im Eurogebiet wieder etwas stärker anziehen, nämlich um 1,3%“, berichtet Pavlova. In der Brüsseler Frühjahrsprognose wird für 2026 ein Plus von 1,4% (zuvor: 1,6%) vorausgesagt, bei der EZB sind es 1,1 (1,2)%.

EZB bringt Stabilität

Dass die Inflationserwartungen stabil mit 2,2% und 2,0% im Euroraum für die Jahre 2025 und 2026 erwartet werden, führt Pavlova unter anderem auf den geldpolitischen Kurs der EZB zurück. Der EZB-Rat hatte auf seiner Sitzung am 5. Juni eine erneute Lockerung um 25 Basispunkte beschlossen. Wegen der außergewöhnlich hohen Unsicherheit betonte EZB-Chefin Christine Lagarde, dass weiter datenabhängig und von Sitzung zu Sitzung entschieden werde. Sie sagte zudem deutlich, dass sich der Zinssenkungszyklus aber dem Ende nähere. An den Märkten wird für die nächste Sitzung am 24. Juli mit einer Zinspause gerechnet. Im Mai war die Jahresteuerungsrate erstmals seit September 2024 unter das EZB-Preisziel von 2% gefallen, vor allem wegen des jüngsten Rückgangs der Öl- und Erdgaspreise im Großhandel.

Zurückhaltung bei Deutschland

Für die stark exportorientierte deutsche Wirtschaft bleibt zwar die Wachstumsprognose von 0,1% im laufenden Jahr unverändert. Allerdings sehen die Experten den Export zunehmend düster: Die Medianprognose für die Ausfuhren liegt nun bei −2,0%. Im Mai waren es noch −1,6%, im April −1,0%. Die Prognose für den Staatskonsum verringert sich leicht von 1,9 auf 1,8%, während sich die erwartete Wachstumsrate der Anlageinvestitionen im gleichen Umfang verbessert. Die Experten gehen nun von einer Stagnation aus. Die Inflationserwartungen stabilisierten sich ebenfalls, nachdem die Inflationsrate im Mai erneut 2,1% betrug.

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