USA greifen Atomanlagen im Iran an
USA greifen iranische Atomanlagen an
Reuters/dpa-afx Washington, Tel Aviv, Teheran
Der Angriff der Vereinigten Staaten auf mehrere wichtige Atomanlagen im Iran hält die Weltgemeinschaft in Atem. Präsident Donald Trump sagte in der Nacht zum Sonntag, die Anlagen seien ausgelöscht worden. Es sei das Ziel gewesen, die nukleare Bedrohung durch den Iran zu stoppen, sagte Trump in einer gut dreiminütigen Ansprache im Weißen Haus. Zugleich rief er die Führung in Teheran zum Frieden auf. „Entweder wird es Frieden geben, oder es wird eine Tragödie für den Iran geben, die weitaus größer sein wird, als wir es in den vergangenen acht Tagen erlebt haben.“ Der Iran verurteilte die Aktion als Verstoß gegen das internationale Recht. UN-Generalsekretär Antonio Guterres sprach von einer gefährlichen Eskalation, während die israelische Regierung Trump für den Angriff dankte.
Bunkerbrechende Bomben im Einsatz
Trump zufolge wurden die Anlagen Fordow, Natans und Isfahan ins Visier genommen. Im Sender Fox News sagte er, Fordow sei mit sechs bunkerbrechenden Bomben getroffen worden. Marschflugkörper vom Typ Tomahawk seien bei den anderen Atomkomplexen zum Einsatz gekommen. Dabei waren Tarnkappenbomber vom Typ B-2 beteiligt.
Die iranische Atomenergiebehörde bestätigte, dass die Anlagen Fordow, Natans und Isfahan angegriffen wurden. Sie kritisierte, dies sei ein Verstoß gegen internationales Recht. Man werde nicht zulassen, dass die Entwicklung der Atomindustrie gestoppt werde. Der iranische Außenminister Abbas Araghtschi reagierte mit scharfen Worten auf die US-Angriffe. Sein Land behalte sich alle Optionen für seine Selbstverteidigung vor, erklärte Araghtschi auf der Plattform X. Die amerikanischen Angriffe seien „empörend“. Der Minister drohte damit, dass die Attacken „dauerhafte Konsequenzen“ haben würden. Einzelheiten nannte er nicht.
Revolutionsgarden drohen US-Militär
Die iranischen Revolutionsgarden haben Drohungen an die US-Militärbasen in der Region ausgesprochen. „Mit dem Angriff auf die friedlichen Atomanlagen haben sie sich de facto selbst direkt in Gefahr gebracht“, teilten die Elitetruppen der iranischen Armee laut der Nachrichtenagentur Fars mit. Das US-Militär hat viele Stützpunkte rund um den Persischen Golf, etwa in Bahrain und Katar. Sie sind Luftlinie nicht sehr weit vom Iran entfernt und könnten zu Zielen werden. In der gesamten Region sind aktuell rund 40.000 US-Soldatinnen und Soldaten stationiert.
Medienberichten zufolge billigt das iranische Parlament indes eine Sperrung der Schifffahrtsstraße von Hormus. Ein solcher Schritt erfordere aber eine Zustimmung des Obersten Nationalen Sicherheitsrats, berichtet der iranische Sender Press TV. Die Straße von Hormus auf dem Weg vom Persischen Golf in den Indischen Ozean ist einer der weltweit wichtigsten Schifffahrtswege. Ein Großteil der Ölexporte mehrerer Länder wird über diesen Weg verschifft.
Konflikt eskaliert
Mit der Beteiligung der USA eskaliert der Konflikt, der bisher zwischen Israel und dem Iran ausgetragen wurde. Trump hatte am Donnerstag gesagt, er werde innerhalb von zwei Wochen darüber entscheiden, ob sich die USA in den israelisch-iranischen Krieg einmischen. Einem Insider zufolge hielt Israel dieses Zeitfenster für zu lang. Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu lobte nach dem US-Angriff Trumps Entscheidung als mutig und dankte ihm. Trump verweigere dem gefährlichsten Regime der Welt die gefährlichsten Waffen und ändere so den Lauf der Geschichte, sagte der Regierungschef.
Israels Staatspräsident Izchak Herzog betonte, sein Land zöge die USA nicht in einen Krieg. Jerusalem habe durchweg klargemacht, dass die Entscheidung US-Präsident Donald Trump obliege, sagte Herzog im US-Sender CNN. Schließlich sei es um die nationalen Sicherheitsinteressen Amerikas gegangen.
Mit Blick auf die weitere Entwicklung des Kriegs fügte er hinzu: „Wir haben nicht die Absicht und wir fordern nicht, dass Amerika jetzt in den Krieg zieht, weil die Iraner Israel bedrohen.“ Die Entscheidung über ein Eingreifen der USA sei getroffen worden, weil das iranische Atomprogramm eine Gefahr für die Sicherheitsinteressen „der gesamten freien Welt“ dargestellt habe. Die USA seien als Anführer dieser Welt durch das Atomprogramm tatsächlich gefährdet gewesen – „deshalb war es der richtige Schritt, dies zu tun“. Nun sei der Moment über Diplomatie nachzudenken – diese sei bislang gescheitert, weil die Iraner ständig gelogen hätten.
Guterres wirbt für Diplomatie
UN-Generalsekretär Guterres sagte dagegen, die US-Angriffe seien eine direkte Bedrohung für Frieden und Stabilität. Die Gefahr wachse, dass der Konflikt außer Kontrolle gerate – mit katastrophalen Konsequenzen für Zivilisten, die Region und die Welt. „Es gibt keine militärische Lösung. Der einzige Weg ist die Diplomatie.“
Russland und China verurteilten den Angriff scharf. Das Vorgehen sei unverantwortlich und ein eklatanter Verstoß gegen internationales Recht, die Charta der Vereinten Nationen (UN) und Resolutionen des UN-Sicherheitsrats, erklärt das Außenministerium in Moskau. Ähnlich äußerte sich Peking: Die Konfliktparteien, besonders Israel, müssten so schnell wie möglich die Angriffe stoppen und Verhandlungen und einen Dialog beginnen. Die UN-Charta ist das Gründungsdokument der Vereinten Nationen mit Bestimmungen zum Gewaltverzicht sowie zur friedlichen Beilegung von Konflikten.
Israel und der Iran hatten sich vor dem Eingreifen der USA mehr als eine Woche lang beschossen. Auf beiden Seiten kommt es immer wieder zu Toten und Verletzten. Israel hatte seinen Angriff damit begründet, die iranische Führung an der Entwicklung von Atomwaffen hindern zu wollen. Nach Darstellung der Regierung in Teheran dient das Atomprogramm friedlichen Zwecken. Bemühungen westlicher Staaten, den Konflikt zu entschärfen, waren bisher erfolglos.
Israel weitet Angriffe aus
Am Sonntag weitete Israel seine Angriffe im Iran aus. Rund 30 Kampfflugzeuge flogen nach Angaben eines israelischen Militärsprechers massive Angriffe. Unter anderem sollen erstmals Bomben auf ein strategisches Raketenkommando in der Provinz Jasd im Zentrum des Landes gefallen sein. Dort wären Raketen vom Typ „Chorramschahr“ gelagert gewesen. Rund 60 dieser Mittelstreckenraketen mit einer Reichweite von 2.000 Kilometern sollen zuletzt von dort auf Israel abgefeuert worden sein.
Es war der erste israelische Angriff in diesem Landesteil des Irans. Außerdem bombardierte die israelische Luftwaffe nach Angaben des Militärsprechers Raketenabschussvorrichtungen, Produktionsstätten für Luftabwehrsysteme und Drohnenkommandos und -lagerstätten in Isfahan, Buschehr und Ahwas. Iranische Soldaten, die Raketensysteme bedienten, wurden ausgeschaltet, hieß es weiter. Das zivil genutzte Atomkraftwerk in Buschehr war kein Ziel dieser Angriffe.
Präsident zögert
Die US-Regierung versucht derweil Sorgen über einen lang anhaltenden Krieg im Iran zu dämpfen. Es werde keine US-Bodentruppen geben, ein Wechsel der Regimes im Iran sei kein Ziel, sagte Vizepräsident JD Vance am Sonntag dem Sender NBC. „Wir wollen mit den Iranern über ein langfristiges Abkommen sprechen“, erklärte er. „Wir wollen ihr Nuklearprogramm beenden.“
Trump hatte im Wahlkampf gesagt, er wolle die USA aus „dummen“ Kriegen im Ausland heraushalten. Zuletzt schien er zeitweise unschlüssig, ob er sich Israels Angriff auf den Iran anschließen oder sich auf Diplomatie zur Beendigung von Teherans Atomprogramm konzentrieren sollte. In den vergangenen Tagen kritisierte Trump den Iran dann immer schärfer.
Im US-Kongress stießen die amerikanischen Angriffe auf die iranischen Atomanlagen auf ein geteiltes Echo. Mehrere prominente Republikaner stellten sich hinter die Entscheidung von Präsident Donald Trump. So erklärte der republikanische Mehrheitsführer im Senat, John Thune, am Samstag (Ortszeit): „Ich stehe zu Präsident Trump.“ Der Sprecher des Repräsentantenhauses, Mike Johnson, ebenfalls Republikaner, sagte: „Das entschlossene Handeln des Präsidenten verhindert, dass der weltweit größte staatliche Terrorunterstützer, der „Tod für Amerika“ skandiert, in den Besitz der tödlichsten Waffe der Welt kommt.“
Kritik aus den eigenen Reihen
Doch auch unter Trumps Republikanern gab es Kritik: „Das ist nicht verfassungskonform“, sagte der Abgeordnete Thomas Massie aus Kentucky und bezog sich dabei auf das Recht des Kongresses, anderen Ländern den Krieg zu erklären. Die Demokratin Alexandria Ocasio-Cortez ging weiter und sagte, Trumps Vorgehen rechtfertige klar ein Amtsenthebungsverfahren. Der demokratische Senator Tim Kaine argumentierte, die US-Öffentlichkeit sei mit großer Mehrheit gegen einen Krieg gegen den Iran. Trump habe ein „schreckliches Urteilsvermögen“ an den Tag gelegt. Der demokratische Senator Chuck Schumer forderte, umgehend über den Fall in seiner Parlamentskammer zu beraten.