Mehr Wohnungsbaugenehmigungen

Verschnaufpause am Bau

Zum ersten Halbjahr gibt es gute Nachrichten vom deutschen Wohnungsbau: Es wurden mehr Neugenehmigungen erteilt. Aus der Krise ist die Branche damit allerdings noch lange nicht.

Verschnaufpause am Bau

Verschnaufpause am Bau

Mehr Wohnungsbaugenehmigungen – Größere Nachfrage nur nach Einfamilienhäusern – Erholung erst für 2027 erwartet

Zum ersten Halbjahr gibt es gute Nachrichten vom deutschen Wohnungsbau: Es wurden mehr Neugenehmigungen erteilt. Aus der Krise ist die Branche damit allerdings noch lange nicht. Denn der Schwung kam allein von den Einfamilienhäusern und die kommenden Monate bleiben schwierig.

ba Frankfurt

Im ersten Halbjahr sind zwar mehr Wohnungsbaugenehmigungen erteilt worden. Eine Trendwende nach der jahrelangen Durststrecke mit steigenden Kosten, geringer Nachfrage und hoher Stornoquote ist das allerdings noch nicht. Der Auftragsmangel lastet weiter auf der Stimmung der Bauunternehmen, auch wenn sie sich gemessen am Ifo Geschäftsklima und dem Einkaufsmanagerindex zuletzt leicht aufgehellt hat. Dass die Sommerumfrage der privaten Bausparkassen ergeben hat, dass nur mehr 33% der rund 2.000 Befragten nach 43% im Vorjahr auf ein Eigenheim sparen, verheißt ebenfalls keine Besserung. „Viele Menschen scheinen inzwischen zu glauben, dass Wohneigentum für sie ohnehin nicht mehr realistisch ist – und haben sich damit abgefunden“, betont Christian König, Hauptgeschäftsführer des Verbands der Privaten Bausparkassen.

Laut dem Statistischen Bundesamt (Destatis) kletterte die Zahl der Baugenehmigungen im ersten Halbjahr um 2,9% zum Vorjahreszeitraum auf 110.000 Wohnungen. Damals war die „Zahl genehmigter Wohnungen auf den niedrigsten Stand für eine erste Jahreshälfte seit 2010 gesunken“, betonten die Wiesbadener Statistiker. Insbesondere seit dem Ausbruch des Ukrainekriegs und der Energiekrise ist die Baubranche stark unter Druck.

Erholung erst 2027

Wegen der hohen Inflation und der Leitzinserhöhungen verteuerte sich das Finanzierungsumfeld und die Baukosten legten deutlich zu. Dies hatte einen spürbaren Nachfrageeinbruch im Wohnungsbau zur Folge, wie auch das Prognose-Netzwerk Euroconstruct schreibt. Das Bauvolumen von 2022 dürfte bis Ende 2027 trotz einzelner Erholungsimpulse nicht wieder erreicht werden, heißt es in der neuesten Prognose. Konkret erwartet Euroconstruct, zu der auch das Ifo gehört, dass in diesem Jahr 205.000 Wohnungen fertiggestellt werden, das sind 19% weniger als die 251.900 Wohnungen von 2024, die den niedrigsten Stand seit 2015 darstellten. Im kommenden Jahr dürfte es um 10% auf 185.000 Einheiten zurückgehen, bevor die Zahlen 2027 dann steigen – auf 195.000 Wohnungen.

„In einem weiter sehr schwierigen Markt haben sich die Rahmenbedingungen – darunter Finanzierung, Reallöhne, Immobilienpreise, erzielbare Mieten – inzwischen etwas verbessert“, sagte Ifo-Bauexperte Ludwig Dorffmeister. Impulse dürfte auch der sogenannte Bau-Turbo der Bundesregierung bringen, der etwa Vereinfachung bzw. Abkürzung von Planungsprozessen bringt. Der Effekt, so Dorffmeister, dürfte aber überschaubar ausfallen, da die Kommunen die neuen Regelungen auch aktiv in Anspruch nehmen müssten. Aber „daran besteht nach Ansicht der Immobilienbranche oftmals erheblicher Zweifel“. Insgesamt werde dem Neubau auf absehbare Zeit keine allzu kräftige Erholung zugetraut.

Nur Einfamilienhäuser sind gefragt

Im ersten Halbjahr stiegen allein die Baugenehmigungen für Einfamilienhäuser kräftig, und zwar um 14,1% auf 21.300. Für die Zweifamilienhäuser ermittelten die Statistiker einen Rückgang um 8,3% auf 6.000. Bei den Mehrfamilienhäusern, auf die zwei Drittel des Neubaus entfallen, stagnierte die Entwicklung mit einem Zuwachs von 0,1% auf 57.300 Wohnungen. Hier wäre allerdings das größte Potenzial im Kampf gegen den Wohnraummangel, vor allem in Ballungsgebieten und Großstädten.

Es fehlt schon allein am Bauland

Für den Hauptgeschäftsführer der Bauindustrie, Tim-Oliver Müller, ist „eines der größten Hemmnisse für die Ausweitung des Wohnungsbaus – vor allem in den Ballungsgebieten – das nicht ausreichend zur Verfügung stehende und zu teure Bauland.“ So seien 2011 in den sieben A-Städten noch 5,850 Millionen Quadratmeter Bauland verkauft worden. 2024 war es mit 1,633 Millionen nur noch rund ein Viertel.

Felix Pakleppa, Hauptgeschäftsführer des Zentralverbands Deutsches Baugewerbe, verweist auf den großen Abstand zu den Genehmigungszahlen der ersten sechs Monate in den Jahren 2021 und 2022, als jeweils über 185.000 Wohnungen bzw. bei den Mehrfamilienhäusern noch über 90.000 Einheiten genehmigt worden waren. „Statt eines Aufschwungs erleben wir das alte Muster: ein leichtes Auf und Ab auf historisch niedrigem Niveau.“ Es gebe derzeit keinen Impuls, der den Wohnungsbau aus der Krise holen könnte.

Die Zahl der Genehmigungen ist ein Indiz für die zu erwartende Bautätigkeit. Allerdings werden nicht alle Projekte umgesetzt oder erst mit Verzögerung angegangen. Seit 2020 hat sich die durchschnittliche Zeitspanne zwischen Genehmigung und Fertigstellung um 6 Monate auf durchschnittlich 26 Monate verlängert.

Höhere Stornoquote

Im Juni berichteten 9,0% der monatlich vom Ifo befragten Unternehmen im Wohnungsbau unter Stornierungen. Im Mai berichteten 8,6% über abgesagte Projekte. Der Anteil der Firmen, die über Auftragsmangel klagen, sank indes binnen Monatsfrist von 51,0% auf 47,9%. Das sind den Münchener Wirtschaftsforschern zufolge gute Nachrichten, nachdem die Quote anderthalb Jahre fast durchgängig über 50% lag. „Die Richtung stimmt, aber der Wohnungsbau braucht mehr als Ankündigungen“, erklärte Ifo-Experte Klaus Wohlrabe. „Nur wenn der Wohnungsbau-Turbo auch wirklich zündet, kann sich die Erholung verstetigen.“ Auch bei den Finanzierungskosten für Wohnraum gebe es noch Spielraum nach unten, gerade nach den Leitzinssenkungen. Die Stimmung der Unternehmen war derweil im Juni so gut wie seit September 2022 nicht mehr.