NOTIERT IN PARIS

Vom Brand und vom Streik überschattet

O du Fröhliche, denkt so mancher Franzose. Nicht nur der Wintersturm Fabien sorgte bei fast 100 000 Haushalten zu Beginn der Weihnachtsferien für Stromausfälle, sondern auch Gewerkschaftsvertreter, die in den letzten Tagen einfach mal die...

Vom Brand und vom Streik überschattet

O du Fröhliche, denkt so mancher Franzose. Nicht nur der Wintersturm Fabien sorgte bei fast 100 000 Haushalten zu Beginn der Weihnachtsferien für Stromausfälle, sondern auch Gewerkschaftsvertreter, die in den letzten Tagen einfach mal die Elektrizität kappten, um gegen die von Präsident Emmanuel Macron geplante Rentenreform zu protestieren. Betroffen waren davon Samstag auch zwei Spiele der französischen Rugby-Liga. Eigentlich sind solche willkürlichen Stromabschaltungen gesetzlich verboten, doch das scheint die Gewerkschaftsvertreter wenig zu kümmern.Sie sind fest entschlossen, ihre Proteste gegen das Reformprojekt auch während der Feiertage fortzusetzen. Deshalb kam es auch Montag, dem 19. Streiktag, wieder zu zahlreichen Behinderungen bei der Bahn SNCF und dem öffentlichen Nahverkehr in Paris. Dort fuhren am vierten Advent lediglich zwei von insgesamt 14 Métrolinien: die beiden vollautomatisch betriebenen. Am 23. Dezember verbesserte sich die Lage vorübergehend, doch vom 24. an, der in Frankreich ein normaler Arbeitstag ist, sollten ab 18 Uhr keine Transilien-Vorortzüge mehr fahren.Das von vielen angesichts des Streiks zu Beginn der Weihnachtsferien befürchtete Chaos in den Pariser Bahnhöfen blieb jedoch weitestgehend aus. Reisende berichteten, dass die Hochgeschwindigkeitszüge, die nicht ausfielen, oft relativ leer waren. Das dürfte zum einen daran liegen, dass sich viele Reisende auf die Situation eingestellt und entsprechend organisiert haben. So berichten das Mitfahrdienst-Vermittlungsportal Blablacar und der Fernbusbetreiber Flixbus, die Zahl der Fahrgäste habe sich seit Beginn der Streiks am 5. Dezember verdoppelt.Odigeo wiederum, ein Betreiber mehrerer Buchungsportale wie Opodo und Go Voyages, hat einen Anstieg der Buchungen von Inlandsflügen für Heiligabend und die ersten beiden Weihnachtsfeiertage um 56 % festgestellt. Ein anderer Grund für die relativ leeren TGV-Hochgeschwindigkeitszüge dürften die Sicherheitsportale sein, die es inzwischen an vielen Bahnhöfen gibt. Konnte man früher während Streiks einfach in einen Zug einsteigen, der noch fuhr, kommt man heute nur noch auf den Bahnsteig eines Zuges, wenn man an der Zugangsschranke ein gültiges Ticket eingescannt hat. *Neben dem Streik überschatten in Paris auch die Folgen des Großbrands von Notre-Dame Mitte April das Weihnachtsfest. Zum ersten Mal seit 1803 wird es in der berühmten Kathedrale Heiligabend keine Mitternachtsmesse geben. Damals war sie zum ersten Mal nach Ende der Revolution wieder in dem mittelalterlichen Bauwerk gefeiert worden. Dies war seither jedes Jahr der Fall, selbst während der beiden Weltkriege. Doch bis Notre-Dame wieder aufgebaut ist, werden Jahre vergehen. So kann die eigentliche Restaurierung erst 2021 beginnen.Denn die Einsturzgefahr ist noch immer nicht gebannt und die eigentliche Diagnose des Zustands des Gebäudes ist noch lange nicht abgeschlossen. Nachdem im Sommer erhöhte Bleistaubkonzentrationen gemessen wurden, wurden die Arbeiten zunächst mehrere Wochen lang ausgesetzt. Danach wurden strenge Sicherheitsauflagen verhängt, so dass sie inzwischen langsamer als zunächst vorangehen. Trotzdem hat General Jean-Louis Georgelin, der Chef des mit der Restaurierung und dem Wiederaufbau beauftragten staatlichen Unternehmens, versprochen, dass am 16. April 2024 das Te Deum wieder in Notre-Dame gesungen werde. Präsident Macron hatte nach dem Brand angekündigt, die Kathedrale werde innerhalb von fünf Jahren wieder aufgebaut.Jetzt muss jedoch zunächst ein durch den Brand teilweise verschmolzenes, 250 Tonnen schweres Baugerüst aus Stahl wie bei einem Mikado-Spiel abgetragen werden. Auch acht Monate nach dem Feuer erhalten die vier damit offiziell beauftragten Stiftungen pro Woche noch immer 150 bis 200 Spenden für den Wiederaufbau und die Restaurierung der durch das Unglück stark beschädigten Kathedrale. Dadurch sind bereits mehr als 922 Mill. Euro an Spendenzusagen zusammengekommen, von denen bereits 834 Mill. Euro gezahlt wurden.