Von Eitelkeiten und Steuererklärungen
Die Frage, ob ein Informationsleck den Präsidenten in einem günstigeren Licht dastehen lässt als bisher, hat sich für Beobachter der politischen Szene in Washington seit Donald Trumps Amtsantritt noch kaum gestellt. Trump hat bisher einfach keine gute Figur abgegeben. Sein ehemaliger nationaler Sicherheitsberater Michael Flynn, in der womöglich sensibelsten Position im engsten Umfeld des Präsidenten, belog den Vizepräsidenten und arbeitete zudem als Lobbyist für die türkische Regierung. Das Dossier eines ehemaligen britischen Geheimdienstlers spricht von kompromittierenden Verbindungen Trumps zu russischen Prostituierten. Dass jene Razzia im Jemen, die das Weiße Haus als bedeutenden Erfolg im Kampf gegen den Terrorismus bezeichnete, in Wirklichkeit ein Fiasko war, bei dem unschuldige Zivilisten ums Leben kamen, geht ebenfalls auf Informationen zurück, die Maulwürfe in die Medien lancierten. Die Liste der Blamagen ist lang und wird von Tag zu Tag länger.Nun aber wurde bekannt, dass der häufig als Steuerhinterzieher geschmähte Trump vor zwölf Jahren immerhin 38 Mill. Dollar an den Fiskus abführte. Für einen Mann, der ein Milliardär sein dürfte, mag das nicht wahnsinnig viel sein. Auch ist zu bedenken, dass Trump ein weiteres Mal Verluste geltend machte, 2005 in Höhe von 105 Mill. Dollar. Zudem wurde ein deutlich niedrigerer Satz berechnet, der bei Steuerzahlern mit exzessiven Abschreibungen angewandt wird. Doch lässt ihn die Steuererklärung ehrlicher aussehen als jener Bericht der “New York Times” vom vergangenen Jahr, in dem es hieß, Trump habe 1995 rund 916 Mill. Dollar Verlust abgeschrieben und sich damit nach geltendem US-Steuergesetz während der darauffolgenden 18 Jahre komplett dem Zugriff des Fiskus entziehen können. Nun stellt sich heraus, dass er zumindest in einem dieser Jahre einen zweistelligen Millionenbetrag ans Finanzamt abgeführt hat.Genau darin liegt ein weiteres Mal eine gewisse Ironie. Sicher ist Trump darüber verärgert, dass immer mehr Personen aus Regierungskreisen, dem staatlichen Verwaltungsapparat, den Geheimdiensten und anderen Schaltstellen den Medien vertrauliche Informationen zuspielen. Er vermutet eine breite Verschwörung, und seine Paranoia hat mittlerweile dazu geführt, dass Regierungssprecher Sean Spicer die Mobiltelefone sämtlicher Mitarbeiter des Weißen Hauses beschlagnahmen ließ. Um jeden Preis will der Präsident wissen, wer die Maulwürfe sind. Mit der unbewiesenen Behauptung, dass sein Vorgänger Barack Obama Gespräche im Trump Tower abgehört habe, hat der 45. Präsident noch weiteres Öl ins Feuer gegossen. *Bemerkenswert ist hingegen, dass Trump nicht nur die Methoden, sondern in dem jüngsten Fall auch den Inhalt des Informationslecks verwirft. Als vor der Wahl bekannt wurde, dass er besagte knappe Milliarde abgeschrieben hatte, sah der Kandidat darin nicht etwa den Beweis dafür, dass er als Geschäftsmann versagt habe. Vielmehr habe der Steuertrick gezeigt, wie genial er das System manipulieren könne. Bei einer der anschließenden Fernsehdebatten mit der demokratischen Kandidatin Hillary Clinton brüstete sich Trump erneut mit dem Verzicht auf Steuerzahlungen. Sie seien der schlagende Beweis dafür, “wie klug ich bin”.Dass die jüngste Sensation ihm ein Minimum an Steuerehrlichkeit bescheinigt, passt dem grenzenlos eitlen Führer der freien Welt, der prompt schweres Geschütz auffahren ließ, folglich gar nicht ins Konzept. Am Mittwoch beschimpfte der Präsident via Twitter den Bericht, der offenbar auf den ersten zwei Seiten seiner damaligen Steuererklärung beruht, als “fake news”. Dies, obwohl der Reporter, der die Meldung verfasst hatte, offen den Verdacht äußerte, dass womöglich Trump selbst ihm diese Information zugeleitet haben könnte.Das Weiße Haus beschimpfte in einer Stellungnahme die Veröffentlichung als “total illegal”. Auch scheint Trumps ältester Sohn Donald Jr. in die Fußstapfen seines Vaters zu treten. Süffisant “bedankte” er sich auf Twitter bei einer Talk-show-Moderatorin, die den Reporter zu Wort kommen ließ. Sie habe immerhin bewiesen, dass sein Vater Steuern zahle.