EU-Kommission

Vorschläge zur Haftung bei Schäden durch künstliche Intelligenz

Die EU-Kommission will nationale Haftungsvorschriften für künstliche Intelligenz (KI) harmonisieren, um Opfer von Schäden besser zu schützen. Auch die allgemeine Produkthaftungsrichtlinie soll modernisiert werden.

Vorschläge zur Haftung bei Schäden durch künstliche Intelligenz

ahe Brüssel

Die EU-Kommission will nationale Haftungsvorschriften für künstliche Intelligenz (KI) harmonisieren, um Opfer von Schäden – sowohl Einzelpersonen als auch Unternehmen – besser zu schützen. Dabei soll es nach dem Willen der Behörde europaweit einheitliche Regeln für den Zugang zu Informationen geben, um Opfern die Beweisführung zu erleichtern. Durch Daten der Hersteller sollen sie einfacher Schadenersatz erhalten können. Unternehmen sollen nach dem Willen der Kommission dabei nur „notwendige Daten“ offenlegen müssen, damit Geschäftsgeheimnisse auch in Zukunft geschützt sind.

Gleiches Schutzniveau

Opfer von KI sollen künftig grundsätzlich das gleiche Schutzniveau erhalten wie bei Schäden, die anderweitig verursacht wurden. Mit den neuen Haftungsregeln ergänzt die EU-Kommission ihren bereits im April 2021 vorgelegten Vorschlag für eine KI-Regulierung.

Nach Angaben der Kommission umfasst dies etwa Verletzungen der Privatsphäre oder durch Sicherheitsprobleme verursachte Schäden. Dank der neuen Vorschriften werde es beispielsweise leichter, Schadenersatz zu erhalten, wenn jemand in einem Einstellungsverfahren, bei dem KI-Technologie zum Einsatz gekommen sei, diskriminiert worden sei, hieß es. EU-Justizkommissar Didier Reynders verwies bei der Vorstellung der neuen Regeln auf das große Potenzial der neuen Technologien. Drohnen oder von KI betriebene Zustelldienste könnten aber nur funktionieren, wenn sich die Verbraucher sicher und geschützt fühlten, sagte er in Brüssel.

Erste Reaktionen auf die Kommissionspläne fielen gemischt aus:  Tiemo Wölken, der rechtspolitische Sprecher der Europa-SPD, kritisierte, der Vorschlag greife bislang zu kurz. Die Hürden für Betroffene seien nach wie vor zu hoch angesetzt und drohten den Zugang zu Beweisen für KI-Fehler zu erschweren.

Der CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber warnte, nur die Risiken von künstlicher Intelligenz zu sehen: Rechtssicherheit könne helfen, neue Technologien zu entwickeln, er­klärte er. „Dieser Rechtsrahmen darf Innovationen aber nicht durch über­bordende Bürokratie ersticken. Wenn wir hier überziehen, werden die Potenziale von künstlicher Intelligenz bald woanders entwickelt.“

Gemischte Reaktionen

Der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) sieht für das Handwerk geringere Haftungsrisiken, sollten die Kommissionsvorschläge umgesetzt werden. Der Maschinenbauverband VDMA erklärte hingegen, die Vorschläge drohten die Rechtssicherheit für technologische Innovationen zu untergraben. Das bei den Unternehmen bekannte EU-Produkthaftungsrecht sei technologieneutral und daher auch auf KI anwendbar, so der Verband. „Es sind keine Anwendungsfälle bei der Nutzung von künstlicher Intelligenz ersichtlich, die nicht auch bereits mit dem geltenden Haftungsregime interessengerecht gelöst werden könnten.“

Zusammen mit den neuen Regeln für KI stellte die EU-Kommission am Mittwoch auch eine Neufassung der Produkthaftungsrichtlinie vor, die die 1985 erlassene Richtlinie an die digitale Welt anpassen soll. Die Neufassung schließt künftig grundsätzlich alle Produkte ein und schafft zudem erstmals Produkthaftungsregeln für Produkte, die direkt von Verbrauchern aus Drittstaaten eingeführt werden.

Der Anwendungsbereich umfasst künftig auch Produkte mit eingebetteten digitalen Elementen, digitale Fertigungsdateien wie 3D-Drucker, Daten und eigenständige Software. Eine Umkehr der Beweislast bei Schädigungen ist nicht vorgesehen. Dafür wurden die untere Schwelle für Schadenersatzansprüchen (500 Euro) und die Höchstgrenze für die Entschädigung (70 Mill. Euro) ge­strichen.

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