NOTIERT IN PARIS

Weitreichende Folgen für La Défense

"Nicht schon wieder", schoss vielen Franzosen durch den Kopf, als sie am Samstagvormittag Radio, Computer oder Smartphone einschalteten. Denn die Eilmeldungen über den Brand der Kathedrale in Nantes ließen unweigerlich Erinnerungen an das Feuer wach...

Weitreichende Folgen für La Défense

“Nicht schon wieder”, schoss vielen Franzosen durch den Kopf, als sie am Samstagvormittag Radio, Computer oder Smartphone einschalteten. Denn die Eilmeldungen über den Brand der Kathedrale in Nantes ließen unweigerlich Erinnerungen an das Feuer wach werden, das am 15. April 2019 einen Teil von Notre-Dame, Wahrzeichen von Paris, zerstörte. Während in Nantes wegen des Verdachts auf Brandstiftung ermittelt wird, gehen auf der Ile de la Cité die Arbeiten weiter. Die Behörden hoffen, dass das riesige, durch den Brand teilweise geschmolzene und verformte Stahlgerüst bis Ende September abgebaut sein wird. Der eigentliche Wiederaufbau des berühmten Baudenkmals soll dann im nächsten Jahr beginnen. Der Vorplatz von Notre-Dame ist jedoch bereits seit Mai wieder für Besucher geöffnet, und die Krypta soll Anfang September folgen.Es ist ebenfalls eines der städtebaulichen Wahrzeichen von Paris, jedoch aus einer ganz anderen Epoche: Das westlich des Zentrums gelegene Büroviertel La Défense mit seinen 70 modernen Bürotürmen. Die Auswirkungen der Covid-19-Pandemie sind hier noch immer deutlich zu spüren. Im Gegensatz zu Paris, wo Einheimische und Touristen die sommerlichen Temperaturen auf den Terrassen von Cafés und Restaurants genießen, wirken die Plätze und Wege von La Défense wie ausgestorben. Obwohl die strenge Ausgangssperre in Frankreich Mitte Mai gelockert wurde, arbeiten viele der 180 000 Angestellten der hier angesiedelten 3 600 Unternehmen weiterhin von zu Hause aus.Der Trend zum Homeoffice dürfte sich sogar verstärken. So will die Opel-Mutter PSA nach der Sommerpause vor allem an vier ausgewählten französischen und vier ausländischen Standorten in Brasilien, Großbritannien, Marokko und Russland zwei Monate testen, wie und ob die Verallgemeinerung des Homeoffice funktioniert. Die Mitarbeiter des Automobilkonzerns sollen 70 % der Arbeitszeit von zu Hause aus arbeiten und nur noch 30 % im Büro. Die Versicherung Macif will dem Beispiel von PSA folgen und das Homeoffice für ihre Mitarbeiter ebenfalls zur Norm machen. Gerade im Großraum Paris lassen sich dadurch enorme Kosten sparen, denn die Unternehmen benötigen dann einen Großteil der teuer angemieteten Büros nicht mehr. *Nicht nur deshalb dürfte die Pandemie langfristige Auswirkungen auf La Défense und andere Büroviertel in Frankreich haben. Denn auch die Art, wie Büros konzipiert werden, dürfte sich ändern, weg von riesigen Großraumbüros mit dicht nebeneinander stehenden Schreibtischen. Zumindest in den ersten Monaten des Jahres hat die Coronavirus-Krise den Markt für Gewerbeimmobilien in La Défense und dem Rest des Landes einbrechen lassen. Zwar hat das Pariser Büroviertel mit der Vermietung von 156 000 Quadratmetern im ersten Halbjahr eines seiner besten Ergebnisse seit langem erzielt. Doch das ist nur einem seit langem bekannten und erwarteten Abschluss zu verdanken. So hat Total Anfang des Jahres den Mietvertrag für ihre zwei Zwillingstürme mit Büroflächen von 126 000 Quadratmetern unterzeichnet.Darüber hinaus wurden in den ersten sechs Monaten gerade mal weitere 30 000 Quadratmeter an Büros vermietet, davon lediglich 11 000 Quadratmeter im zweiten Quartal. Noch sind die Mieten stabil, noch ist der Leerstand mit 5,8 % recht gering. Doch in den kommenden Monaten könnte sich das Blatt für La Défense wenden, sollte sich die Coronavirus-Krise ausweiten. Zumal schon bald drei größere Immobilienprojekte fertiggestellt werden sollen: die Bürotürme Trinity (49 000 Quadratmeter), Alto (51 000 Quadratmeter) und Landscape (68 000 Quadratmeter). Bis 2023 sollen in La Défense Büroflächen von fast 500 000 Quadratmeter neu dazukommen.Méka Brunel, Generaldirektorin des Büroimmobilienspezialisten Gecina, glaubt weder, dass das Homeoffice zur neuen Normalität werden wird, noch dass der Markt für Gewerbeimmobilien wieder wie vor der Coronavirus-Krise funktionieren wird. Sie ist überzeugt, dass Arbeitnehmer ihren Arbeitgeber künftig stärker danach aussuchen werden, was für ein Erlebnis er ihnen am Arbeitsplatz bietet.