IPCC-Bericht

Weltklimarat fürchtet Kontrollverlust

Der Weltklimarat (IPCC) findet in seinem 6. Sachstandsbericht zum Zustand des Weltklimas ungewöhnlich deutliche Worte. Der Klimawandel sei menschengemacht. Die Politik wird zu sofortigem Handeln aufgefordert.

Weltklimarat fürchtet Kontrollverlust

ast Frankfurt

Der Weltklimarat warnt vor einem Kontrollverlust im Kampf gegen den fortschreitenden Klimawandel. Das geht aus dem 6. Sachstandsbericht des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) – im Deutschen oft als Weltklimarat bezeichnet – hervor, der am Montag nach zweiwöchigen Beratungen in Genf vorgestellt wurde. Der letzte Sachstandsbericht wurde vor acht Jahren veröffentlicht. Seitdem zog die Erderwärmung den beteiligten Wissenschaftlern aus 66 Ländern zufolge deutlich an. Der Klimawandel sei inzwischen bis in die letzten Winkel unseres Planeten zu spüren. Entsprechend dringlich formulieren die Forscher ihre Ergebnisse. Erstmals hält der Weltklimarat in klaren Worten fest, dass der Klimawandel menschengemacht sei: „Es ist eindeutig, dass menschlicher Einfluss die Atmosphäre, Ozeane und das Land erwärmt hat.“ In früheren Berichten hatte der IPCC deutlich vagere Formulierungen gewählt.

Noch nicht zu spät

Allem Warnen und Alarmschlagen zum Trotz bemühen sich die Autoren des Berichts, der keine neue Forschung beinhaltet, sondern 14000 Studien und Berichte auswertet, um einen optimistischen Ausblick. Noch könne die Erderwärmung begrenzt werden – aber nur wenn die Politik weltweit entschieden handle. „Wenn nicht starke und schnelle Reduktionen der Emissionen passieren, wird der Anstieg der globalen Mitteltemperatur seit Ende des 19. Jahrhunderts 1,5 Grad in den kommenden 20 Jahren erreichen oder überschreiten“, warnte die Co-Vorsitzende der Arbeitsgruppe, Valérie Masson-Delmotte, in Genf: „Wir hoffen, dass die Informationen Entscheidungsträgern und Ingenieuren helfen, so schnell wie möglich Lösungen zu entwickeln.“ Bei Nichthandeln drohe ein baldiger Kontrollverlust mit kaum vorstellbaren Konsequenzen.

Allerdings ist ein Anstieg der Temperatur ohnehin bereits kaum mehr aufzuhalten. Die Erde werde sich um mindestens 1,5 Grad gegenüber dem vorindustriellen Zeitalter erwärmen. Selbst schärfste Reduktionen der CO2-Emissionen könnten diese Entwicklung nicht aufhalten, so die Wissenschaftler (siehe Grafik). Zudem werde diese kritische Marke wohl bereits 2030 erreicht – und nicht, wie noch 2018 prognostiziert, erst zehn Jahre später. Ohne baldiges Eingreifen droht zudem ein Anstieg der Temperatur um etwa 3 Grad bis zum Jahr 2100.

Auch bei einer Begrenzung des Temperaturanstiegs würden die Wetterextreme zunehmen. Hitzewellen, die bisher etwa alle 50 Jahre registriert wurden, könnten künftig einmal im Jahrzehnt auftreten. Zudem würden Stürme stärker und Regen- und Schneefälle nähmen zu. Auch die Eisschmelze an den Polkappen schreite unaufhaltsam voran. „Wir werden es vermutlich nicht mehr verhindern können, dass das Nordpolarmeer bis 2050 im Sommer zumindest in einzelnen Jahren weitgehend eisfrei sein wird“, sagte Mitautor Dirk Notz vom Max-Planck-Institut für Meteorologie. Der Meeresspiegel dürfte zum Ende des Jahrhunderts bis zu 62 Zentimeter höher liegen als bis 2014.

NGOs fordern Klimawahl

Naturschutzorganisationen nutzten das Momentum des Berichts in Kombination mit der jüngsten Flutkatastrophe dazu, zu einer neuen Priorisierung aufzurufen. Der WWF forderte, die Bundestagswahl müsse eine Klimawahl werden: „Lauter als im neuen Bericht des Weltklimarats kann die Wissenschaft nicht mehr warnen“, sagte Naturschutz-Vorstand Christoph Heinrich. Die Deutschen hätten einen Wahlkampf verdient, bei dem es um ein Gesamtkonzept gehen solle, wie die Klimakrise bekämpft werden könne, erklärte auch Germanwatch: „Die weltweiten Entscheidungen dieser Dekade werden diesen Planeten für Jahrtausende prägen“, sagte Rixa Schwarz, Co-Teamleiterin für internationale Klimapolitik.

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