Wirtschaft verlangt von der Ampel mehr Ambition beim BĂŒrokratieabbau
Wirtschaft kritisiert BĂŒrokratieabbau als viel zu schwach
Kabinett billigt Entwurf des vierten BĂŒrokratieentlastungsgesetzes â Buschmann: Konjunkturprogramm zum Nulltarif
wf Berlin
Als viel zu schwach hat die deutsche Wirtschaft den neuerlichen Schritt der Ampel-Koalition zum BĂŒrokratieabbau eingestuft. Die Oppositionsfraktion CDU/CSU kritisierte den Gesetzentwurf scharf und nannte ihn âambitionslosâ. Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) kĂŒndigte weitere Schritten nach dem vierten BĂŒrokratieentlastungsgesetz (BEG IV) an. âDenn BĂŒrokratieabbau ist ein Konjunkturprogramm zum Nulltarifâ, sagt Buschmann in Berlin.
Das Bundeskabinett hatte am Mittwoch in Berlin das BEG IV auf Vorschlage des Bundesjustizministeriums beschlossen. Damit werde ein âzentraler Baustein des Meseberger Entlastungspaketsâ der Ampel von 3 Mrd. Euro umgesetzt, erlĂ€uterte Buschmann. Durch das BEG IV sollen die BĂŒrokratiekosten fĂŒr die Wirtschaft um 944 Mill. Euro sinken. Buschmann zufolge wurde die Entlastung im Regierungsentwurf gegenĂŒber dem Referentenentwurf noch um 260 Mill. Euro erhöht. Zuvor hatte es einen aufwendigen Praxischeck gegeben, in dem die Unternehmen ReformvorschlĂ€ge einbringen sollten.
GroĂer Unmut in der Wirtschaft
Der Unmut in der Wirtschaft ist groĂ. Von lediglich âweiteren Trippelschrittenâ sprach der HauptgeschĂ€ftsfĂŒhrer des Digitalverbands Bitkom, Bernhard Rohleder. Das BEG IV verpasse die Chance fĂŒr einen echten Befreiungsschlag. FĂŒr den Maschinenbauverband VDM forderte HauptgeschĂ€ftsfĂŒhrer Thilo Brodtmann, der BĂŒrokratieabbau brauche mehr Tempo und Wucht. Der HauptgeschĂ€ftsfĂŒhrer des Chemieverbands VCI, Wolfgang GroĂe Entrup, erklĂ€rte, es bleibe âein RĂ€tsel, warum die Politik nicht gewillt ist, auf die zahlreichen VorschlĂ€ge der Industrie einzugehenâ.
Weitere Schritte folgen
Buschmann betonte, âdas BEG IV darf nur ein nĂ€chster, nicht der letzte Schritt seinâ. Ăhnlich Ă€uĂerte sich Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (GrĂŒne). Es sei klar, dass die Ampel nicht stehen bleiben könne, um zu spĂŒrbaren Entlastungen zu kommen. âWir mĂŒssen das BEG IV daher mit weiteren themenspezifischen Entlastungspaketen ergĂ€nzenâ, sagte Habeck. Er kĂŒndigt an, das Praxischeck-Instrumentarium stĂ€rker zu etablieren und auszuweiten. Dazu sollen kĂŒnftig alle Ressorts der Bundesregierung und auch die BundeslĂ€nder beteiligt werden.
Zahlreiche Neuerungen
Die gröĂte Entlastung mit 625 Mill. Euro gibt es bei den Aufbewahrungsfristen von handels- und steuerrechtlichen Buchungsbelegen. Die Frist soll von zehn auf acht Jahre verkĂŒrzt werden. Mit der frĂŒhzeitigeren Vernichtung sollen Platz-, Miet- und Speicherkosten reduziert werden. Zu den weiteren MaĂnahmen gehört eine zentrale Vollmachtdatenbank fĂŒr steuerberatende Berufe. Darin können Steuerberater kĂŒnftig Generalvollmachten fĂŒr alle TrĂ€ger der sozialen Sicherung zentral hinterlegen. Abgeschafft wird die Meldepflicht fĂŒr deutsche Staatsangehörige bei HotelĂŒbernachtungen. Schriftformerfordernisse sollen im Vereinsrecht, Gewerberaummietrecht und Gesellschaftsrecht sowie im Schuldverschreibungsgesetz und im Depotgesetz auf Textformerfordernisse herabgestuft werden. Dies setzt keine eigenhĂ€ndige Unterschrift voraus und erlaubt Schriftverkehr per Mail oder Textnachricht.
Ăffentliche Versteigerungen sollen kĂŒnftig online möglich sein und die Fluggastabfertigung auf digitalem Weg, indem Daten aus dem Reisepass ausgelesen werden. Die ĂuĂerungsfrist der Ăffentlichkeit bei UmweltvertrĂ€glichkeitsprĂŒfungen soll bei Ănderungen des Vorhabens angemessen verkĂŒrzt werden. Die Wirtschaft beklagt, dass es nicht zu der angekĂŒndigten Generalklausel beim Schriftformerfordernis kommt. Vor allem kleine und mittlere Unternehmen belasteten die vielen Statistiken und Berichtspflichten besonders im Umweltbereich.