Wirtschaftsweise drängen Regierung zu Strategie für Normalisierung

Sachverständigenrat erwartet in Deutschland stärkste Rezession seit 2009 - Uneinigkeit über Euro-Bonds

Wirtschaftsweise drängen Regierung zu Strategie für Normalisierung

sp/wf Berlin – Auf der Suche nach dem besten Weg zur Lockerung der wegen des Coronavirus-Ausbruchs geltenden Beschränkungen im Alltag und im Wirtschaftsleben hat sich das wichtigste wirtschaftspolitische Beratergremium der Bundesregierung für mehr Transparenz starkgemacht. “Eine klar kommunizierte Normalisierungsstrategie kann die Erwartungen der Unternehmen und Haushalte stabilisieren und die Unsicherheit verringern”, sagte Lars Feld, der Vorsitzende der Wirtschaftsweisen, in einer Videokonferenz mit Journalisten. Klare Worte trügen auch dazu bei, Erwartungen an den Finanzmärkten zu stabilisieren. Der Wirtschaftsweise Volker Wieland forderte die Politik ebenfalls auf, bald ein Ausstiegsszenario zu entwickeln und zu kommunizieren, um die wirtschaftliche Situation zu stabilisieren und Vertrauen zu schaffen.Eine Rezession ist nach Einschätzung des Sachverständigenrates in diesem Jahr nicht mehr zu vermeiden. Im Basisszenario ihres Sondergutachtens zur Coronakrise rechnen die Wirtschaftsweisen mit einem Rückgang von 2,8 %. Im schlimmsten Fall könnte die Wirtschaftsleistung um 4,5 % schrumpfen. In beiden Szenarien steuert Deutschland auf den stärksten Abschwung seit 2009 zu, als es um 5,7 % rückwärts ging. Das Münchner Ifo-Institut hatte in der vergangenen Woche mehr als ein Dutzend Szenarien vorgestellt, die für das zweite Quartal in einen Abgrund mit einem Einbruch um bis zu ein Fünftel hinabblickten.Regierungssprecher Steffen Seibert betonte am Montag, dass die erst etwas mehr als eine Woche geltenden Einschränkungen des privaten und öffentlichen Lebens weiterhin nötig seien, um die Ausbreitung des Coronavirus zu bremsen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Ministerpräsidenten der Länder wollen morgen Nachmittag in einer Telefonkonferenz über die Aufrechterhaltung der Einschränkungen beraten. Kanzleramtschef Helge Braun (CDU) hat am Wochenende angekündigt, dass es vor dem 20. April keine Lockerung geben werde. Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) kündigte am Montag an, die Beschränkungen im Freistaat bis zum 19. April zu verlängern, und warnte vor verfrühten Lockerungen: “Wer zu früh aufsteht, riskiert einen massiven Rückfall.”Donald Trump, der in der vergangenen Woche in Aussicht stellte, bis zum Osterwochenende in den USA normale Zustände herzustellen, änderte am Wochenende auf Drängen von Gesundheitsexperten seinen Kurs und verlängerte die Beschränkungen im Alltag bis Ende April. Pro KonjunkturprogrammIn ihrem Sondergutachten zur Coronakrise sprechen sich die Wirtschaftsweisen neben den bereits beschlossenen Hilfen der Bundesregierung für ein Konjunkturprogramm aus. Achim Truger, der dritte im Bunde der Sachverständigen, machte sich für internationale Zusammenarbeit in der Krise stark. Über den Einsatz von sogenannten Corona-Bonds im Kampf gegen die Folgen der Viruspandemie in der Eurozone sind die drei Top-Ökonomen allerdings geteilter Meinung. – Nebenstehender Kommentar Berichte Seiten 4 und 5 Leitartikel Seite 6