Wo Touristen die Deflation bremsen

Von Martin Fritz, Tokio Börsen-Zeitung, 20.1.2018 Die wachsende Popularität von Japan als Reiseziel hilft auch der Binnenwirtschaft des Landes auf die Beine. Im vergangenen Jahr stieg die Zahl der ausländischen Besucher das fünfte Jahr in Folge auf...

Wo Touristen die Deflation bremsen

Von Martin Fritz, TokioDie wachsende Popularität von Japan als Reiseziel hilft auch der Binnenwirtschaft des Landes auf die Beine. Im vergangenen Jahr stieg die Zahl der ausländischen Besucher das fünfte Jahr in Folge auf ein Rekordhoch. Nach Angaben der nationalen Tourismusförderung JNTO kamen 28,7 Millionen Ausländer und damit 19,3 % mehr als im Vorjahr nach Japan. Dabei gaben sie 4,4 Bill. Yen (33 Mrd. Euro) für Unterkunft, Verpflegung, Transport und Einkäufe aus. Analysten schätzen den Beitrag zur Wirtschaftsleistung auf 0,2 bis 0,3 Punkte.Die Öffnung Japans für Auslandstouristen als Mittel gegen die Deflation zählt zu den wenig beachteten Leistungen der Wirtschaftspolitik der Abenomics. Zwar begann die Regierung bereits 2003 mit einer “Visit Japan”-Kampagne ihr Buhlen um Besucher aus dem Ausland. 2008 wurden 20 Millionen Auslandsgäste jährlich als Ziel für 2020 ausgegeben. Aber der Boom setzte erst ab 2013 nach dem Wahlsieg von Shinzo Abe ein. Bereits 2015 wurde die Marke von 20 Millionen erreicht. Das neue Ziel von 40 Millionen für 2020, wenn die Olympischen Spiele in Tokio stattfinden, ist nun in realistische Reichweite gerückt. Dafür würde ein jährliches Wachstum der Besucherzahl um durchschnittlich 12 % reichen.Dieser Erfolg ist hoch zu bewerten: In Deutschland trafen 2016 nur 35,6 Millionen Ausländer für eine Übernachtung ein. Aber sie können mit jedem Verkehrsmittel leicht dorthin gelangen. Dagegen wird die Einreise nach Japan durch die Zahl der Flüge begrenzt. 91 % der Besucher kamen auf diesem Weg, nur die übrigen 9 % per Schiff. Vier Gründe für den Andrang werden von Branchenkennern genannt: Die Anforderungen für die Ausgabe eines Touristenvisums für viele asiatische Nationen wurden von der Abe-Regierung gezielt gesenkt; zugleich ist dort eine reisehungrige, japaninteressierte Mittelschicht herangewachsen. Drittens hat die Abwertung des Yen ab 2013 (als Folge der expansiven Geldpolitik) einen Aufenthalt in Japan auch für weniger gut Betuchte erschwinglich gemacht; zudem stieg die Kapazität der Zubringerflüge durch neue Billigflug-Gesellschaften.Allerdings kommen die meisten Besucher aus Asien. Nur 11 % der Touristen reisten aus westlichen Industrienationen an. Das dürfte vor allem an der mühsam langen Anreise liegen. Jeder zweite Besucher ist aus China oder Südkorea. Die Abhängigkeit ist bedenklich, da es in der Vergangenheit bei politischen Streitigkeiten in Ostasien zu Boykotten kam. Die Öffnung für Touristen gibt vor allem China eine neue wirtschaftliche Waffe gegen Japan in die Hand. ——–Die Öffnung Japans für Auslandstouristen gehört zu den wenig beachteten Abenomics-Erfolgen.——-