Höhere Zölle wirken erst später

WTO hebt Prognose für Welthandel kurzfristig

Der weltweite Warenhandel wächst 2025 um 2,4%, angetrieben von KI-Produkten. Prognosen für 2026 sind jedoch gedämpfter. Dann wird nur noch ein Wachstum von 0,5% erwartet.

WTO hebt Prognose für Welthandel kurzfristig

WTO hebt Prognose für den Welthandel

Globaler Warenhandel wächst 2025 um 2,4 Prozent – Zolleffekte treten erst 2026 auf

nb Frankfurt

Der weltweite Warenhandel übertraf in der ersten Jahreshälfte des Jahres 2025 die Erwartungen. In der Aktualisierung der globalen Handelsaussichten erhöhten die Ökonomen der Welthandelsorganisation am 7. Oktober ihre Wachstumsprognose für den weltweiten Warenhandel in diesem Jahr auf 2,4%. Noch im August hatten sie ein deutlich geringeres Wachstum von 0,9% prognostiziert. Im vergangenen Jahr hat der Warenhandel um 2,8% zugelegt. Im Gegenzug haben sie jedoch die Erwartungen für 2026 deutlich gesenkt: Statt wie im August erwartet, soll der Warenhandel weltweit dann nicht mehr um 1,8%, sondern nur mehr um 0,5% steigen.

Zolleffekte sind verschoben

Diese Prognose verwundert vor dem Hintergrund der von US-Präsident Donald Trump dekretierten Zölle. Doch der amtierende WTO-Direktor Marc Bacchetta erklärte: „Die Zölle haben einen signifikanten Effekt, nur hat sich der Zeitpunkt verändert“. Da diverse Handelsabkommen geschlossen und manche US-Zölle verschoben wurden, haben sich auch die Auswirkungen verzögert. Dieser Eindruck wird auch dadurch bestätigt, dass die Gesamtwirkung über zwei Jahre ähnlich bleibt.

Der Handel ist im ersten Halbjahr des Jahres gestiegen, da Importe in Nordamerika vorverlegt wurden und günstige makroökonomische Bedingungen wie Deflation und eine unterstützende Fiskalpolitik herrschten. Außerdem ist das Wachstum in den Schwellenländern angestiegen. Zudem zeigen Branchenberichte wie Einkaufsmanagerindizes steigende Lagerbestände. Das Wachstum der weltweiten Dienstleistungsexporte dürfte sich laut der Ökonomen von 6,8% im Jahr 2024 auf 4,6% 2025 und 4,4% im Jahr 2026 verlangsamen.

Wichtigster Treiber: KI-Produkte

KI-bezogene Güter, dazu zählen Halbleiter, Server und Telekommunikationsgeräte, trugen fast die Hälfte zum gesamten Handelswachstum im ersten Halbjahr bei und stiegen wertmäßig um 20% gegenüber dem Vorjahr. Damit war Künstliche Intelligenz „einer der wichtigsten Treiber des Handels“, erklärte Bacchetta. Das Handelswachstum erstreckte sich über die gesamte digitale Wertschöpfungskette, von Rohsilizium über Geräte für Cloud-Plattformen bis zu KI-Anwendungen. Besonders Asien war beim Export von KI-Produkten stark.

Das überraschende Wachstum soll jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, „dass das System gestört ist“, sagte WTO-Generaldirektorin Ngozi Okonjo-Iweala. Noch immer sind 72% des Welthandels WTO-reguliert. „Die Zahlen zeigen, dass das System funktioniert. Doch wir können nicht still sitzen, sondern brauchen Reformen“, erklärte Okonjo-Iweala. Das größte Abwärtsrisiko für die Prognose seien die Ausweitung der handelsbeschränkenden Maßnahmen sowie die politische Unsicherheit, erklärten die Ökonomen.

Neben dem Wachstumstreiber KI und der durch die Zolländerungen bedingten Zurückhaltung der Länder ist auch der gestiegene Handel zwischen den übrigen Ländern ein Grund für die abgemilderten Effekte: Der Süd-Süd-Handel ist im ersten Halbjahr 2025 wertmäßig um 8% gegenüber dem Vorjahr gewachsen, verglichen mit 6% für den Welthandel insgesamt. Okonjo-Iweala begrüßt diese Entwicklung: „Wir brauchen mehr Diversifikation im Handel“.