Chemie, Auto, Stahl warnen

Zolldeal bereitet Wirtschaft arge Schmerzen

Während so manche Politiker gut Wetter machen beim Zolldeal mit den USA, sehen das Wirtschaftsvertreter und Kapitalmarkt-Experten ganz anders. Ihr Fazit fällt ernüchternd aus.

Zolldeal bereitet Wirtschaft arge Schmerzen

Zolldeal bereitet Wirtschaft arge Schmerzen

Handelskonflikt kostet Audi bereits 600 Mill. Euro – Stahlhersteller verzweifeln

das/ab Frankfurt

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Nach der Zollvereinbarung zwischen EU und USA herrscht Ernüchterung in der deutschen Wirtschaft. Branchenvertreter sprachen unisono von einem unausgewogen Deal, der hiesige Unternehmen benachteilige. Auch bei den Kapitalmarkt-Experten überwog die Skepsis – die Börsenreaktion fiel entsprechend verhalten aus.

„Wer mit einem Hurrikan rechnet, ist für ein Unwetter dankbar“, gab Wolfgang Große Entrup, Hauptgeschäftsführer des Chemieverbands VCI, die Stimmung am Montag wieder. Zwar sei eine Eskalation vermieden worden. „Trotzdem ist der Preis für beide Seiten hoch. Europas Exporte verlieren an Wettbewerbsfähigkeit. Die US-Kunden zahlen die Zölle.“

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und US-Präsident Donald Trump hatten sich auf einen Basiszollsatz von 15% auf die meisten EU-Importe in die USA geeinigt. Trump hatte doppelt so viel angedroht. Der Basissatz gilt laut von der Leyen auch für Autos, Halbleiter und Pharmaprodukte. Keine Zölle soll es demnach auf Flugzeuge und Flugzeugteile, bestimmte Chemikalien sowie bestimmte landwirtschaftliche Erzeugnisse geben. Bei Stahl und Aluminium werden weiterhin 50% fällig.

„Für die europäische Stahlindustrie hat sich nichts an der katastrophalen Situation geändert“, sagte Kerstin Maria Rippel, Hauptgeschäftsführerin der Wirtschaftsvereinigung Stahl. Von den Stahlexporten der EU in Länder außerhalb der Union gingen 2024 nach Angaben des europäischen Branchenverbands Eurofer 16% in die USA – im ersten Quartal dieses Jahres waren es nur noch 12,5%.

Weitaus problematischer als die Zölle selbst ist aus Sicht der EU-Stahlindustrie der indirekte Zolleffekt. Denn prohibitiv hohe Zölle auf Stahlimporte aus anderen Weltregionen in die USA führen dazu, dass diese Mengen in die EU umgeleitet werden. Schon heute wird nach Angaben des deutschen Branchenverbands jede dritte Tonne Stahl importiert.

Wie stark einzelne Unternehmen leiden, zeigt das Beispiel Audi: Die im Frühjahr auf 27,5% erhöhten US-Autozölle haben die VW-Tochter im ersten Halbjahr mit rund 600 Mill. Euro belastet, wie Finanzvorstand Jürgen Rittersberger am Montag bei der Vorlage der Geschäftszahlen sagte. Das Unternehmen verstärkt nun seine Überlegungen, eine eigene Produktion im Land aufzubauen.

Auch der neue Zollsatz „wird die Unternehmen der deutschen Automobilindustrie jährlich Milliarden kosten“, warnte Hildegard Müller, Präsidentin des Autoverbands VDA. Der VW-Konzern hat bereits seine Jahresziele heruntergeschraubt.