Abschied von Caprese
Notiert in Frankfurt
Abschied von Caprese
Von Detlef Fechtner
Die Zeit der großen Missverständnisse, unter denen Vegetarier bei Restaurantbesuchen leiden, neigt sich dem Ende zu. Nur noch selten antworten Kellner auf die Frage, ob das Lokal denn auch vegetarische Gerichte anbiete, mit dem Satz: „Na klar, wir haben ausgezeichneten Fisch.“ Vielmehr findet sich auf den Speisekarten immer öfter auch Vegetarisches – vom Grillkäse-Burger bis zum Rote-Beete-Quinoa-Puffer.
Auch in den Betriebskantinen ändern sich die Zeiten – zugunsten der Anhänger fleischloser Ernährung. So kommt es fast einer Revolution gleich, dass in den aktuell veröffentlichten „Menü-Charts“ des Kantinenlieferanten Apetito die Currywurst mit Wellenschnittpommes unter den beliebtesten Essen am Arbeitsplatz hinter die Cappelletti-Pesto-Pfanne gerutscht ist. Unter den Top Ten auf dem Kantinentablett haben sich daneben Chili sin Carne, Gemüse-Curry und Kartoffelrösti etabliert.
Während das Leben also für Vegetarier schon seit längerem einfacher geworden ist, bleibt das Angebot für Veganer bislang recht überschaubar. Und das, obwohl die Zahl der Menschen, die auf tierische Produkte verzichten, dynamisch wächst. Binnen sieben Jahren hat sich in Deutschland der Anteil derer, die sich in Umfragen selbst als Veganer einordnen, auf zuletzt knapp 1,6% verdoppelt. Andere Studien schätzen, dass diese Kennziffer sogar nahe 3% liegt. In anderen Worten: In Frankfurt lebt heute eine fünfstellige Zahl an Menschen, die im Restaurant Menüs ohne Eier und (Kuh-)Milch suchen – und ohne Fleisch und Fisch sowieso.
Auch wenn sich das Angebot der Gastronomie im Allgemeinen dieser Nachfrage nur langsam anpasst, gibt es einige Restaurants, die veganen Speisen großes Gewicht einräumen: das Leuchtendroter im Ostend, Hohenheim und Söhne im Nordend, das Kuli Alma in Eckenheim, das Seven Swans am Main oder oder. Allein: Viele dieser Küchen verlangen stolze Preise, wenn etwa ein Frühstücksbuffet 32 Euro kostet oder eine Sechs-Gang-Folge mit Grünkohl, Buschbohne und Zuckerwurzel 89 Euro. Immerhin: Das Angebot für den kleinen Geldbeutel wächst, weil Imbisse zunehmend Falafel ins Menü nehmen.
Auch in Sachsenhausen wird umgedacht: Mancherorts, wie im Eichkatzerl, gibt es eine vegane Version des Frankfurter Schnitzels. Und hie und da wird die grüne Soße auch vegan angeboten. Ob mittlerweile ein Apfelweinlokal dribb de Bach veganen Handkäs anbietet, ist nicht bekannt. Bei Bedarf kann man sich den freilich selbst bereiten – die einschlägigen Rezepte mit Hefeflocken, Kurkuma und Agar-Agar kursieren im Internet.
Bleibt die Frage: Was anbieten, wenn Freunde zu Besuch kommen – und man unsicher ist, ob sich unter ihnen Veganer befinden. Wer auf Nummer sicher gehen möchte, kocht asiatisch – mit Curry oder Kokosnusöl. Und wenn es um den Imbiss für den kleinen Hunger geht: Der Mettigel war vorvorgestern. Auch Caprese ist überholt, schließlich ist Mozzarella nicht jedermanns Sache. Empfiehlt sich Fenchel oder Rote Beete mit Orange. Ein Imbiss, mit dem man nicht falschliegen kann. Und für die, die gerne angeben: Der Verweis “Habe ich bei Jamie Oliver gesehen” ist out. Dann schon lieber “Ist ein Rezept von Yotam Ottolenghi.” Und keine Sorge, wenn es mal nicht schmeckt. Selbst Seven-Swans-Koch Ricky Saward bekannte in einem Interview: “Den Geschmack von Tofu finde ich grauenhaft.”