Brücke oder KrückeSoftware-Lücke

Abwehr taugt nicht zur Aufholjagd

Mut zur Lücke ist manchmal nötig, aber mitunter gefährlich. Das gilt vor allem für die Software-Lücke, die sich hierzulande bei Unternehmen ebenso wie bei Banken auftut. Bloße Abwehr führt nicht weiter.

Abwehr taugt nicht zur Aufholjagd

Abwehr taugt nicht zur Aufholjagd

Von Heidi Rohde

Software-Lücke

Wenn es an einem hierzulande nicht mangelt, dann am Mut zur Lücke: Bildung, Forschung, Investitionen, alles lückenhaft. Noch am leichtesten schließen lässt sich die notorisch verbreitete Finanzierungslücke, indem man sie mit Geld zuschüttet. Hartnäckiger und weitreichender sind stattdessen technologische Engpässe. So offenbart sich bei deutschen Unternehmen und auch bei Banken zunehmend vor allem eine Softwarelücke. 

Auffällig ist sie seit geraumer Zeit in der Autoindustrie. Die über Jahrzehnte erfolgsverwöhnte Branche hat die Metapher vom Smartphone auf vier Rädern so lange belächelt, bis ihr plötzlich klar wurde, dass Apple und Google für das Gros der Kunden zum unverzichtbaren Beifahrer geworden sind. Mit Blick auf die elektronische Weiterentwicklung der Fahrzeuge, in der weit mehr Wertschöpfung steckt als in Reifen, Lack und Rallyestreifen, schwingt sich Big Tech in den Fahrersitz.

Bestrafung des Kunden

Wer eine Aufholjagd starten will, ist mit einer Blockade aber noch selten vorangekommen. Die Verbannung der jüngsten Autosoftware-Edition von Apple und Google, mit denen diese Zugriff auf den reichen Datenschatz der Fahrzeuge erhielten, bestraft nicht zuerst die Tech-Giganten, sondern die Kunden. Mit hohen Kosten: Ein Streamingdienst schmeißt schließlich auch nicht die beliebtesten Blockbuster aus dem Programm, ohne Abonnenten zu verlieren.

Filiale hat ausgedient

Ähnlich überzeugungsarm wie Reifen, Lack und Rallyestreifen für den Autofahrer sind mittlerweile für viele Bankkunden die persönlich erbrachten Dienste des freundlichen Filialmitarbeiters. Der begrüßt den Kunden – hier klafft die Fachkräftelücke – beim Eintritt in die ländliche Niederlassung meist nur dienstags und donnerstags zwischen 11 und 13 Uhr. Ansonsten grüßt der fast genauso fähige Automat. Derlei Kundendienst braucht den Vergleich mit dem voll digitalisierten Retailbanking, mit dem inzwischen nicht nur Neobanken, sondern auch immer mehr europäische Konkurrenten den deutschen Privatkunden umgarnen, gar nicht erst zu suchen. Für Volksbanken und Sparkassen wird es als Antwort kaum ausreichen, auf die Bindungskraft der Tradition setzen. Wie die Autoindustrie müssen sie zügig ihre offene Flanke in der Software schließen. Experten attestieren dem Online-Banking deutscher Finanzdienstleister nicht nur eine oftmals veraltete IT-Infrastruktur, sondern ebenso mangelnde Bedienfreundlichkeit. Auch das eine Parallele zur Autoindustrie.

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