In den vergangenen Monaten haben sich die Aktienmärkte in ausgesprochen guter Verfassung präsentiert. Kaum jemand hat damit gerechnet, dass sie sich so schnell vom Schock des Vorjahres mit Ausbruch des Kriegs in der Ukraine, massiv ansteigenden Energiepreisen und Leitzinserhöhungen vor dem Hintergrund der deutlich angestiegenen Teuerungsrate erholen. Der Dax ist sogar auf ein neues Allzeithoch geklettert. Dabei haben die Märkte quasi durch die aktuelle Entwicklung hindurchgeschaut und bereits vorweggenommen, dass die Inflation auch wieder zurückgehen wird und die Notenbanken dann bald ihre Straffungen beenden können.

Wie es jetzt scheint, haben sich zumindest die Aktienmärkte in Euroland zu früh gefreut. Denn gerade in Deutschland erweist sich die Teuerung mit zuletzt 6,1% als äußerst hartnäckig. Auch die Kernrate liegt deutlich über dem Ziel der Europäischen Zentralbank (EZB) von 2%. Nun kommt noch hinzu, dass der Ölpreis erstmals seit November über die Marke von 90 Dollar je Barrel gestiegen ist. "Die Inflationsangst ist zurück!", stellt die LBBW daher in ihrem Wochenkommentar fest.

Gut, die Konjunkturdaten waren zuletzt besonders für Deutschland recht schwach. Doch ist angesichts der hartnäckig zu hohen Inflation und der anhaltenden Inflationsgefahren eine erneute Leitzinserhöhung der EZB auf der Sitzung am kommenden Donnerstag durchaus möglich. Hebt die EZB aber die Zinsen in Richtung US-Niveau an, fürchten erfahrene Strategen wie Jens Ehrhardt, dass dann Konjunktur und Börse in Deutschland abstürzen.

Aber selbst wenn die EZB am Donnerstag ihren Leitzins nicht anhebt, sind die Aktienmärkte nicht aus dem Schneider. Denn dann dürfte EZB-Präsidentin Christine Lagarde am Donnerstag klar die anhaltenden Inflationsgefahren ansprechen und deutlich machen, dass die EZB wenn nötig Ende Oktober noch einmal den Leitzins anheben wird. Von einer Lockerung der Geldpolitik, welche die Märkte erhoffen, sind wir im Moment jedenfalls weit entfernt.

Aktuell raten viele Strategen daher zu Recht zunächst zur Vorsicht bei Aktien. Die DZ Bank meint: "Von Anlegern wird eventuell noch bis zum Oktober Geduld gefordert, bevor die Notierungen von Dax & Co wieder anziehen werden."