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Am Boden geblieben

Das Zusammengehen von Barmenia und Gothaer scheint gut voranzukommen. Auch die Mitarbeiter ziehen an einem Strang. Ob beide wirklich auf Augenhöhe miteinander agieren, wird sich erst bei Vollzug der Fusion und der Formierung der Leitungsfunktionen zeigen.

Am Boden geblieben

Gothaer und Barmenia

Am Boden geblieben

Von Thomas List

Es hat ja schon Fusionen gegeben, die angeblich im Himmel geschlossen wurden – um dann unsanft auf der Erde zu landen. „Auf Augenhöhe“ wollen Gothaer und Barmenia miteinander reden und zuerst abklären, ob man denn überhaupt zueinander passt, hieß es bei Bekanntgabe des Vorhabens Ende September 2023. Der „strategic match“ schien perfekt: Stärken im Krankengeschäft und bei Privatkunden (Barmenia) treffen auf ein starkes Kompositgeschäft (also der Schaden- und Unfallversicherung) für Gewerbekunden (Gothaer).

Ob das „auf Augenhöhe“ gelebte Wirklichkeit ist oder nur eine Floskel, zeigt sich aber erst im Laufe des Fusionsprozesses. Denn es werden ja nicht nur einfach vorhandene Teile zusammengefügt, sondern es entsteht etwas Neues, konkret: In der Krankenversicherung wird die Barmenia im „Lead“ sein, bei Komposit und Leben wird es die Gothaer sein. Das darf aber nicht heißen, dass der führende und größere Partner einfach alles dominiert, angefangen bei den Prozessen bis zu den Führungskräften. Größer heißt ja nicht immer besser.

Schenkt man Gothaer-CEO Oliver Schoeller Glauben, so tragen die Beschäftigten beider Häuser das Fusionsvorhaben. Man will voneinander lernen und schafft so die Grundlagen, das Beste aus zwei Welten zu übernehmen. Stolperstein bei vielen Fusionen ist die Besetzung von Führungspositionen. Setzt sich da wirklich die Beste oder der Beste durch oder dann doch der Größere von beiden? Das ist die Gothaer, die vermutlich auch die Mehrheit an der Holding halten wird.

Immerhin soll das neue Gebilde von zwei gleichberechtigten Vorstandsvorsitzenden geführt werden: von Schoeller und Barmenia-Chef Andreas Eurich. Im gemeinsamen Führungsgremium soll nach Ausscheiden von drei Gothaer-Vorständen noch Platz für alle dann noch amtierenden Vorstände sein. Ob alles so friedlich bleibt, werden der weitere Prozess des Zusammengehens und der gemeinsame Marktauftritt zeigen. Die handelnden Personen vermitteln den Eindruck: Ja, die Fusion kann gelingen – zum Nutzen der vorhandenen Mitarbeiter und auch der Kunden.

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