Brücke oder KrückeMigration

Andrang am Ausgang

Deutschland mangelt es an einer Willkommenskultur für Ausländer in qualifizierten gut dotierten Jobs. So lässt sich der Fachkräftemangel nicht beheben.

Andrang am Ausgang

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Andrang
am Ausgang

Von Heidi Rohde

In Teilen der Gesellschaft gilt Einwanderung derzeit als größte gesellschaftliche Bedrohung seit der Beulenpest. Rechtspopulisten und Konservative warnen unermüdlich vor einer Überflutung Deutschlands mit Flüchtlingen und anderen Sozialfällen. Die Politik ist hektisch bemüht, dem im buchstäblichen Sinne Grenzen zu setzen. Allerdings entgeht ihr beim Tunnelblick auf den Eingang, dass auch am Ausgang zunehmend Gedränge herrscht.

Von den rund 10 Millionen Einwanderern im erwerbsfähigen Alter, die sich in Deutschland aufhalten, denkt einer Studie von Arbeitsmarktforschern zufolge rund ein Viertel an Abwanderung. Wer gehen will, ist ebenso erhellend wie alarmierend: Geflüchtete und Familiennachzügler zeigen eine geringe Neigung, den Heimweg anzutreten. Deutlich mobiler sind Höherqualifizierte und Gutverdiener, vorzugsweise aus anderen EU-Ländern oder Personen, die ebenfalls ein unbegrenztes Aufenthaltsrecht haben. Diese zieht es oft bald weiter, favorisiert sind unter anderem die USA und die Schweiz, zwei klassische Einwanderungsziele, die indes nicht als Komfortzone für Bittsteller bekannt sind.

Hürdenlauf bei Ankunft

Mit Blick auf den hierzulande seit Jahren beklagten Fachkräftemangel sind die Erkenntnisse ernüchternd, die Kritik altbekannt und doch fruchtlos. Der Besuch beim kommunalen Einwohnermeldeamt lässt an Willkommenskultur oft zu wünschen übrig, die Prozesse laufen im Schneckentempo, von digitaler Effizienz keine Spur. Die Anerkennung internationaler Bildungsabschlüsse und Berufsqualifikation gleicht mitunter einem kolossalen Hürdenlauf, und ist der Eintritt ins hiesige Erwerbsleben schließlich gelungen, erschüttert das Niveau von Steuern und Abgaben häufig das Vertrauen gerade der begehrten Migranten in ihre ökonomischen Perspektiven.

Vorbilder bei Nachbarn

Ein Blick auf die Statistik legt nahe, dass die Bundesrepublik der Linderung des Fachkräftemangels kaum näher kommt. Nach Jahren mit wachsender Zuwanderung aus EU-Staaten waren die Zahlen 2024 erstmals per Saldo rückläufig. Dabei kehrten sowohl Deutsche als auch EU-Ausländer dem Land den Rücken, während der Strom der Schutzsuchenden, die versorgt werden müssen, unvermindert anhält. Wenn die Zahl der Alimentierten steigt, während die der Alimentierer sinkt, wird die Akzeptanz für Migration sicher nicht wachsen. Ein Stoppschild für Flüchtlinge setzt am falschen Ende an. Was fehlt, ist ein Welcome-Schild für Fachkräfte.

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