Notiert in Paris

Auf der Suche nach technologischer Souveränität

Mit dem Förderprogramm French Tech 2030 will Frankreich seine technologische Souveränität aufbauen. Doch nicht alle haben Erfolg.

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wü Paris
Von Gesche Wüpper

Die Souveränität Frankreichs bewahren, lautet das Leitmotiv, das französische Politiker spätestens seit Ende des Zweiten Weltkrieges antreibt. Auch für die Startup-Initiative French Tech ist es zu einem Mantra geworden. Die technologische Souveränität Frankreichs aufbauen, lautet das Ziel des 2023 im Schatten des Investitionsplans France 2030 lancierten Programms French Tech 2030. Dafür nimmt der Staat jetzt 80 erfolgversprechende Jungunternehmen unter seine Fittiche, um sie bei Investoren und in der Öffentlichkeit bekannter zu machen.

Die Zusammensetzung des Jahrgangs 2025 des Programms spiegelt auch die neuen Prioritäten Frankreichs wider. Denn die unter 255 Bewerbern ausgewählten Startups entwickeln Lösungen für Künstliche Intelligenz (KI), Infrastrukturnetze, Cybersicherheit, Quantentechnologie, Robotik, Halbleiter und Raumfahrt. Gleichzeitig wurde das zunächst auf zwei Jahre ausgelegte Programm auf ein Jahr gekürzt. Auch die Zahl der Teilnehmer wurde reduziert, von 125 auf 80. „Mit dem Programm wollen wir die künftigen Dassault Systèmes schaffen“, sagt Julie Huguet, die Chefin der Initiative French Tech, in Anspielung auf den Softwarehersteller. Er ist einst aus einer Abteilung des Flugzeugbauers Dassault Aviation hervorgegangen und inzwischen im CAC 40 notiert.

Unterschiedliche Schicksale

Davon können viele Vertreter der French Tech nur träumen. In der ersten Runde des Förderprogramms waren vor allem strategisch wichtige Startups wie Mistral AI, Alice & Bob, Pasqual, Aquemia und Unseenlabs dabei. Doch nicht alle hatten Erfolg. So musste das Foodtech Ynsect ein Sicherungsverfahren beantragen. Andere gerieten wie Kalray und DNA Script ebenfalls in finanzielle Turbulenzen und wieder andere wurden wie Preligens und Amolyt Pharma aufgekauft. 15 Teilnehmer seien so schnell gewachsen, dass sie inzwischen wie Mistral AI und Alice & Bob dem Next 40 und FT120 angehörten, erklärt Huguet.

16 der jetzt ausgewählten Startups waren bereits in der ersten Runde des Programms dabei, darunter Quandela, Whitelab Genomics, Cailabs, GitGuardian, Enchanted Tools und Spectronite. Insgesamt haben die 80 Startups letztes Jahr zusammen 130 Mill. Euro in Forschung und Entwicklung investiert und 353 Patente angemeldet. 75% von ihnen haben bereits die kommerzielle Phase erreicht und mehr als die Hälfte sind längst auch außerhalb Frankreichs tätig, davon viele in Deutschland.

Brüchige Realität

Die French Tech hat maßgeblich mit dazu beigetragen, den Ruf des Landes bei Auslandsinvestoren zu verbessern. Doch der Mythos der Einhörner kaschiere eine brüchigere Realität, kritisiert der auf die Technologiebranche spezialisierte Unternehmensberater Xavier Dalloz in einem Gastbeitrag für „La Tribune“. „Hinter der medialen Sucess Story hat Frankreich kein souveränes technologisches Modell aufgebaut, sondern ein Schaufenster abhängiger Startups, die auf ausländischen Technologien surfen.“ Darüber würden Forschung und Industrie vergessen.