Aus Hoffnung wird Verzweiflung
Zolldeal
Aus Hoffnung
wird Verzweiflung
Von Daniel Schnettler
Der undurchsichtige US-Zolldeal ist Gift für die deutsche Industrie. Will die EU mehr erreichen, muss sie einen Handelskrieg riskieren.
Ein Deal sollte auf Vertrauen basieren, einen beidseitigen Nutzen verfolgen und die Inhalte klar definieren. Von all dem kann beim sogenannten Zolldeal zwischen der EU und den USA keine Rede sein. Denn es wird immer klarer, dass die Vereinbarung eine leere Hülle ist, die nach Belieben von der US-Regierung für ihre (industrie-)politischen Zwecke missbraucht wird. Das bekommen Deutschlands Unternehmen gerade schmerzlich zu spüren.
Die Hoffnung war, dass ein einheitlicher Zollsatz von 15% auf Güter, die von der EU in die USA exportiert werden, für Frieden im Handelsstreit sorgt. 15% tun weh, aber sie sind irgendwie verkraftbar - für Unternehmen wie für Kunden. Doch langsam stellt sich heraus, dass die US-Amerikaner ein anderes Verständnis vom Zolldeal haben als die Europäer: So werden für Hunderte Produkte nun anteilige Zollsätze von 50% fällig – wenn nämlich Stahl und Aluminium drinsteckt, was für viele deutsche Industriegüter gelten dürfte.
Undurchsichtige Aktualisierungen
Die Metalle waren von vornherein vom günstigeren Einheitszoll ausgenommen. Soweit so bekannt. Was es jedoch in sich hat, ist eine Liste an Waren, die die US-Regierung alle vier Monate aktualisiert – sprich: um missliebige Produkte erweitert. Mittlerweile stehen Motorräder genauso darauf wie Pumpen, Motoren oder Industrieroboter. Bei der jüngsten Aktualisierung kamen 407 Produktgruppen hinzu, 60 weitere werden geprüft. Es kann also so gut wie jeden Betrieb treffen, der mit den USA Handel treibt. Wenn nicht heute, dann morgen.
Diese Unberechenbarkeit führt bei vielen Firmen zu Verzweiflung. Die Unternehmen stocherten im Nebel, wie es mit ihrem US-Geschäft weitergehe, resümierte die Deutsche Industrie- und Handelskammer nach einer Befragung unter den Mitgliedern. Das sei „Gift“ fürs Geschäft. Der Maschinenbauverband VDMA sieht viele Betriebe sogar existenziell bedroht – nicht nur wegen der eigentlichen Zölle, sondern auch wegen der Unplanbarkeit und der überbordenden Bürokratie, die mit der Zollabwicklung einhergeht.
Handelskrieg nicht vom Tisch
Die EU-Kommission muss nun robust nachverhandeln. Das fordern auch die Wirtschaftsverbände. Nur so können die Unternehmen am Ende Planungssicherheit erhalten und ihre Wettbewerbsfähigkeit zurückgewinnen. In letzter Konsequenz bedeutet das allerdings auch: Donald Trump könnte einen neuen Handelskrieg vom Zaun brechen. Darauf sollten sich die Europäer einrichten.