KommentarIPO-Absage

Autodoc hat sich selbst ein Bein gestellt

Autodocs geplatzter Börsengang verdeutlicht die Herausforderungen des aktuellen Marktumfelds. Wäre der Preis noch tiefer angesetzt worden, hätte Apollo mit Verlust aussteigen müssen.

Autodoc hat sich selbst ein Bein gestellt

Autodoc-IPO

Sich selbst
ein Bein gestellt

Von Christoph Ruhkamp

Dass ein Börsengang am Ende des Bookbuilding abgesagt wird, kommt immer mal wieder vor. Im Falle des Panzergetriebeherstellers Renk, der inzwischen mit stark gestiegenem Kurs längst an der Börse notiert ist, war das IPO sogar einmal am späten Abend vor dem geplanten Tag des Handelsstarts geplatzt. Insofern ist die Absage für Autodoc nicht völlig ungewöhnlich, wenn man bedenkt, dass das Umfeld der Aktienmärkte derzeit aus mehreren Kriegen in Iran, Israel und der Ukraine besteht. Für zusätzliche Volatilität sorgt das nahende Ende des Waffenstillstands für die US-Zölle am 8. Juli. Sich auf einen angemessenen Preis für eine Aktie zu einigen, fällt da doppelt schwer.

Und doch hat sich Autodoc auch selbst Probleme bereitet. Die Aktie wurde mit derselben Bewertung wie die bereits gelisteten und vergleichbaren Titel Aramis, Auto1 und Carvana angeboten. Das ist in Zeiten wie diesen zu teuer. Es hätte einen Abschlag von 20% bis 30% gebraucht, um die Investoren zu überzeugen. Obwohl die ohnehin schon enge Spanne am unteren Ende eingegrenzt wurde, reichte die Nachfrage offenbar nur für ein so instabiles Buch mit hohem Hedgefonds-Anteil, dass man einen Kurssturz zu Handelsbeginn hätte befürchten müssen.

Noch tiefer ging nicht

Noch tiefer hätte Autodoc mit dem Preis aber auch kaum gehen können. Denn neben den Gründern will sich vor allem der Finanzinvestor Apollo von seinem 15%-Anteil trennen. Wäre der Preis noch niedriger angesetzt worden, hätte Apollo mit Verlust aussteigen müssen. Aber genau daran muss sich die Private-Equity-Branche vielleicht auch gewöhnen: dass es manchmal einen Ausstieg mit Verlust geben kann. Zumal Apollo auch erst Anfang 2024 eingestiegen war und jetzt schon wieder raus will. Den Wert des Unternehmens hat man unterwegs offenbar kaum vorangebracht.

Das Autodoc-Debüt hätte bei Erfolg einen bedeutenden Schub für den IPO-Markt in Deutschland und Europa geben können. Der hiesige Kapitalmarkt leidet nicht nur unter der allgemeinen Wachstumsschwäche, und darunter, dass die Altersvorsorge nicht kapitalgedeckt ist. In Ländern wie Schweden können IPO-Kandidaten auf die Unterstützung der heimischen Pensionsfonds setzen. In der Schweiz bekommen sie Zuspruch von einer aktiveren Privatanleger-Szene. Beides fehlt in Deutschland. Um so wichtiger wäre es, dass die wenigen IPOs gut vorbereitet werden und endlich mal wieder gelingen. Jetzt ist der Eindruck entstanden, dass wieder mal Private Equity schnell Kasse machen wollte.

Fluchtartig wollte Apollo den Ersatzteilhändler schon nach eineinhalb Jahren wieder versilbern. Das war eine schlechte Idee.

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