BlickfeldBranche in der Krise

Autozulieferer kämpfen mit steigenden Refinanzierungskosten

Die Krise der Autozulieferer erhöht ihre Refinanzierungskosten. Während ZF und Mahle deutlich mehr für Anleiheemissionen zahlen müssen, schneidet Bosch auf dieser Ebene besser ab. Das hat mehrere Gründe.

Autozulieferer kämpfen mit steigenden Refinanzierungskosten

Autozulieferer ächzen unter
gestiegenen Refinanzierungskosten

Deutliche Risikoaufschläge bei Anleihen von geschwächten Unternehmen mit schlechter Bonität wie ZF und Mahle

Von Stefan Kroneck, München

Es sind Symptome einer Branchenkrise. Die angeschlagenen Autozulieferer Mahle und ZF müssen deutlich höhere Aufwendungen zur Refinanzierung ihres Geschäfts stemmen. Mahle mit Sitz in Stuttgart musste im Juni dieses Jahres für eine Anleihe im Volumen von 300 Mill Euro mit einer Laufzeit von 7 Jahren den Zeichnern 7,125% bieten, um diese zu emittieren. Im Vergleich zum vorherigen Bond über 500 Mill. Euro vom April 2024 sind das 63 Basispunkte mehr, die Mahle berappt.

ZF aus Friedrichshafen am Bodensee erging es ähnlich. Der zweitgrößte deutsche Autozulieferer zahlt für eine im September ausgegebene Anleihe über 1,5 Mrd. Dollar mit fünfeinhalb Jahren Laufzeit 7,5% Zinsen. Das sind 50 Basispunkte mehr als beim emittierten Bond über 1,25 Mrd. Euro im Frühjahr dieses Jahres.

Schlechte Ratings

Beide Unternehmen bewerten die geglückten Anleiheemissionen als Zeichen des Vertrauens von Investoren in deren Zukunft, doch nur mit teuren Risikoaufschlägen verschaffen sie sich über den Kapitalmarkt Zeit für die eigene Restrukturierung. Die neu platzierten Schuldverschreibungen dienen dazu, Anleihen abzulösen, die zuvor deutlich niedriger verzinst waren.

ZF betont, dass mit der jüngsten Emission die Tilgung eines im Februar 2026 fälligen Bonds über 900 Mill. Euro gesichert sei.

Die deutlich gestiegenen Anleihezinsen sind ein Spiegelbild einer schlechten Kreditbonität. Mahle und ZF werden von Moody´s jeweils mit „Ba2“ und von Standard & Poor´s mit „BB-“ bewertet. Das heißt, beide Ratingagenturen warnen mit diesen Einstufungen vor einem deutlich höheren Ausfallrisiko bei Mahle und bei ZF. Denn die Bewertungen liegen mittlerweile im Bereich der als spekulativ bezeichneten Rating-Kategorien (Non-Investment Grade), also auf Ramschniveau.

Hoher Finanzschuldenberg

Mahle und ZF befinden sich in einer schwierigen Lage. Beide schreiben tiefrote Zahlen, kämpfen mit hohen Finanzschulden und bauen tausende Stellen ab. In der ersten Hälfte dieses Jahres verbuchte Mahle einen Nettoverlust von 68 Mill. Euro nach einen Gewinn von 16 Mill. Euro ein Jahr zuvor. Die Finanzschulden des Stiftungskonzerns betrugen nahezu 2 Mrd. Euro. Davon entfielen auf Bonds 1,3 Mrd. Euro und auf Bankkredite über 700 Mill. Euro. Dem stand auf der Passivseite der Bilanz ein Eigenkapital von knapp 1,6 Mrd. Euro gegenüber, welches 21% der Bilanzsumme ausmachte. Damit ist Mahle noch weit vom eigenen Ziel von mindestens 30% entfernt.

In den ersten sechs Monaten dieses Jahres verzeichnete ZF einen Fehlbetrag von 195 Mill. Euro nach einem Verlust von 1 Mrd. Euro im Gesamtjahr 2024. Die Finanzverbindlichkeiten des ebenfalls in Stiftungseigentum befindlichen Konzerns liegen bei über 15 Mrd. Euro, wobei davon 3,3 Mrd. Euro kurzfristig sind. Das Eigenkapital betrug Ende Juni 6,5 Mrd. Euro. Das waren nur noch 17% der Bilanzsumme. Ein Jahr zuvor lag die Quote noch bei 19%. Die Defizite drücken die Eigenmittel.

Stellenabbau soll helfen

Die neuen Anleihen verhageln die Finanzergebnisse der beiden Zulieferer zusätzlich. Der Zinsaufwand von Mahle und von ZF dürfte steigen. Bei ZF belaufen sich die jährlichen Zinskosten auf 600 Mill. bis 700 Mill. Euro.

Mit umfangreichen Stellenstreichungen versuchen die Unternehmen, via Einsparungen wieder ins Lot zu kommen. Mahle kündigte an, zusätzlich 1.000 Arbeitsplätze abzubauen. Betroffen davon sind überwiegend Standorte in Deutschland. ZF streicht im Heimatmarkt in der Antriebssparte 7.600 Stellen bis 2030. Der Einschnitt ist Bestandteil des ein Jahr zuvor angekündigten Abbaus von bis zu 14.000 Arbeitsplätzen. In der Antriebssparte ist jede dritte Stelle in Deutschland betroffen.

Gläubigerbanken tonangebend

Der neue ZF-CEO Mathias Miedreich ist gezwungen, an der Kostenschraube zu drehen, denn mittlerweile hängt das Schicksal des Unternehmens von den Gläubigerbanken ab. Diese gewährten ZF im Juni eine Schonfrist von einem Jahr bei der Einhaltung von Vertragsklauseln in Bezug auf den Verschuldungsgrad. Firmen sind an solche Covenants gebunden. Reißen sie diese, könnten die Kreditgläubiger ihre Forderungen sofort fällig stellen.

Für die Banken bedeutet das in solchem Fall allerdings hohe Belastungen. Schließlich müssten sie umfangreiche Wertberichtigungen vornehmen. Das würde deren Erfolgsrechnungen verhageln. Eine Insolvenzwelle unter mittelständisch geprägten Autozuliefern drückt auch tendenziell die Margen kreditgebender Institute. Aufgrund der verschlechterten Kreditbonität vieler Adressen unter den Autozulieferern steigt der Bedarf für eine höhere Risikovorsorge bei den Kreditinstituten.

Deloitte: Lage „prekär“

In einer jüngsten Studie zur Lage der Autozulieferer bezeichnete die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Deloitte die finanzielle Situation vieler Betriebe vor allem in Europa als „prekär“. Die finanzielle Widerstandfähigkeit schwinde. 12% der großen und 19% der kleinen Zulieferer befänden sich in einer „kritischen Zone“. Deren operative Margen lägen unter 5% und deren Verschuldung betrage mindestens das Dreifache des jährlichen operativen Ergebnisses. Das bedeute, dass der Schuldendienst „herausfordernd“ werde, warnt Deloitte.

Bosch relativ solide

Bosch gehört nicht zu dieser Gruppe. Trotz des schwachen Marktumfelds und des Abbaus von zusätzlich 13.000 Stellen steht Deutschlands Branchenprimus im Vergleich zu Mahle und ZF relativ solide da. Das Eigenkapital von 50 Mrd. Euro entspricht 44% der Bilanzsumme (Stand Ende 2024). Die Finanzschulden von 10 Mrd. Euro (langfristig) machen 9% der Bilanzsumme aus.

S&P und Fitch bewerten den Konzern jeweils mit „A“. Diese gute Bonität hilft bei der Refinanzierung. Im Frühjahr dieses Jahres begab der Konzern Anleihen mit verschiedenen Laufzeiten von insgesamt 4 Mrd. Euro. Die Kupons lagen zwischen 2,75 und 4%. Das heißt, Bosch erhielt dadurch weitaus günstigere Konditionen als Mahle und ZF.