Frankfurt

Bitte versuchen Sie es zu einem späteren Zeitpunkt

Deutschland gilt gemeinhin als Hochburg der Bürokratie. Persönliche Erfahrungen bestätigen dies. Aber auch in anderen Ländern ist es nicht so einfach, seinen Wohnsitz ordnungsgemäß anzumelden.

Bitte versuchen Sie es zu einem späteren Zeitpunkt

In den Neunzigern lebte ich zwei Jahre in Brüssel. Tolle Stadt, tolle Wohnung. Allerdings hatte ich Schwierigkeiten, mich in meinem Stadtteil Ixelles anzumelden. Nachdem ich vom Meldeamt abwechselnd vertröstet („Sie brauchen noch etwas Geduld, wir sind dran“) und gegängelt („Sie brauchen eine beglaubigte Bescheinigung, wer Ihre Reisekosten nach Deutschland in Höhe von 18 Euro im Falle einer Ausweisung trägt“) worden war, wandte ich mich an die deutsche Botschaft. Ein Konsularmitarbeiter gab mir ungerührt den guten Rat: „In Ixelles hat es noch kein EU-Ausländer­ geschafft. Entweder Sie ziehen nach Auderghem oder Neder-Over-Hembeek um und starten ein neues Meldeverfahren – oder Sie tauchen unter.“ Er selbst sei übrigens seit zwölf Jahren in Brüssel – ohne amtliche Anmeldung.

Nun kann man sagen: na klar, neunziger Jahre. Damals war das Leben in einem anderen Land mit vielen administrativen Beschwernissen verbunden. Und man kann sagen: na klar, Belgien. Ein Land mit einer bekanntermaßen miserablen Verwaltung, ein „failed state“. Leider ist die Sache komplizierter. Auch heute noch. Und auch in Deutschland, auch in Rhein-Main. Eine Region, die sich immerhin ständig selbst dafür lobt, international und weltoffen zu sein.

Ein früherer Kollege berichtete jüngst von einer regelrechten Odyssee beim Versuch, eine Gastschülerin aus der Türkei ordnungsgemäß anzumelden, die für ein Jahr seine Familie in Oberursel besucht. Seit fünf Monaten bemüht er sich vergeblich darum, ihren Aufenthalt bei der Ausländerbehörde des Hochtaunuskreises in Bad Homburg registrieren zu lassen. Telefonisch ist die Chance, die Behörde zu erreichen, kleiner, als bei einem Gewinnspiel von hr3 ins Studio durchgestellt zu werden. Denn die vorgesehenen Zeiten beschränken sich auf sechseinhalb Stunden. Und zwar nicht pro Tag, sondern pro Woche. Und ein Zugang zur Behörde per Mail wird dadurch er­schwert, dass man zunächst die automatische Auskunft erhält, sechs bis acht Wochen auf eine Rückmeldung warten zu müssen. Im Falle des ehemaligen Kollegen ist diese Zeit übrigens längst verstrichen und trotzdem nichts passiert.

Was die Sache politisch delikat macht, ist, dass es sich um keinen Einzelfall handelt. Die Zahl unbearbeiteter Verfahren liegt nachweislich einer Anfrage der Grünen im Kreistag bei etwa 2000 – wohlgemerkt allein im Hochtaunuskreis. Zudem ist das Thema brisant, weil es einmal ein anderes Licht wirft auf die Frage, warum eigentlich viel weniger Brexit-Banker an den Main gekommen sind als ursprünglich erhofft. Und ganz zu schweigen von all den anderen Unternehmen in der Region, die ihre Mitarbeiter aus dem Ausland in nützlicher Frist anmelden wollen.

Die Taunus-Behörde hat jüngst signalisiert, die Bugwelle der anhängigen Meldeverfahren in wenigen Wochen abzubauen. Das klingt immerhin nach einem guten Vorsatz fürs neue Jahr. Wird spannend, ob die türkische Gastschülerin ihre Meldebestätigung noch vor ihrer Rückreise erhält. Aber zur Not kann man sie ihr ja dann auch noch in die Türkei nachsenden.