KommentarRussische Ölexporte

Boom trotz Sanktionen

Trotz der westlichen Sanktionen sind die russischen Ölexporte stark gestiegen. In den kommenden Monaten sollten auch die Öleinnahmen des Landes kräftig zulegen, weil die Sanktionen keine Wirkung zeigen.

Boom trotz Sanktionen

Russische Ölexporte

Boom trotz Sanktionen

Von Dieter Kuckelkorn

Der Westen versucht, eine Preisobergrenze für russisches Öl von 60 Dollar je Barrel durchzusetzen und gleichzeitig auf Käufe aus Russland möglichst zu verzichten. An den jüngsten Daten über die russische Ölwirtschaft ist allerdings nicht gerade abzulesen, dass dieses Konzept westlicher Sanktionen in der Praxis funktionieren würde. Denn gemäß den jüngsten Zahlen der Internationalen Energieagentur IEA sind die russischen Ölexporte mit 8,1 Mill. Barrel pro Tag (bpd) auf den höchsten Stand seit drei Jahren gestiegen. Russland hat es damit offensichtlich geschafft, dem westlichen Boykott zu trotzen und neue Käufer für sein Öl und seine Ölprodukte zu finden. Dies sind im Wesentlichen China und Indien, die inzwischen für rund 90% der Käufe von per Tankschiff exportiertem russischen Öl stehen. Aber sogar Saudi-Arabien kauft russisches Öl – und verkauft es, genau wie Indien, unter anderem an die westlichen Länder weiter, denen es bisher in der Realität nicht gelungen ist, sich von den Lieferungen aus Russland abzunabeln.

Allerdings ist es das erklärte Ziel der Sanktionen mit Blick auf die hohen Energiekosten im Westen, das russische Öl gerade nicht vom Weltmarkt zu verbannen und somit das Gesamtangebot zu verknappen, sondern Russland lediglich die bislang hohen Profite aus dem Verkauf der Energieträger vorzuenthalten. Aktuell wird seitens der westlichen Regierungen argumentiert, ihr Konzept gehe auf, denn zuletzt lagen die russischen Öleinnahmen um 43% unter dem Stand vom Vorjahr. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass der Ölpreis vor einem Jahr deutlich höher lag. Gemessen an der Sorte Brent Crude betrug er damals rund 110 Dollar, während er im März dieses Jahres bis auf fast 70 Dollar absackte. Dass im März ein guter Teil des russischen Öls unterhalb der vom Westen beschlossenen Preisobergrenze von 60 Dollar gehandelt wurde, liegt schlicht daran, dass die schweren russischen Sorten wie Urals schon immer mit einem Abschlag zu dem leichter zu verarbeitenden Brent Crude gehandelt wurden und dass Russland guten Kunden stets Preisnachlässe gewährte.

Hinsichtlich der Frage der Wirksamkeit der westlichen Sanktionen wird die Entwicklung der kommenden Monate interessant. Erwartet wird ein Anstieg des Brent-Ölpreises bis auf 100 Dollar und möglicherweise darüber, was auch den Preis für die Sorte Urals wieder nachhaltig über 60 Dollar heben und die russischen Öleinnahmen sehr viel kräftiger sprudeln lassen sollte. Damit wird sich die Frage erneut stellen, wie sinnvoll die westlichen Sanktionen mit Blick auf die Schäden für die EU-Volkswirtschaften sind.

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