Notiert in Schanghai

Chinas abkühlende Mondkuchenschlacht

Chinas Mondfest geht mit einer Backwarentradition einher, die auch Ökonomen interessiert. Umsatzrückgänge bei Mondkuchen deuten auf Konsumabkühlung und knappe Firmenbudgets für Geschenkaktionen hin.

Chinas abkühlende Mondkuchenschlacht

Tut der Erdtrabantenzyklus Chinas Konsumkonjunktur in diesem Jahr einen Gefallen? Das Mondfest am 6. Oktober fällt diesmal in die „Goldene Woche“ nach dem Nationaltag und verlängert die landesweiten Ferien um einen weiteren Tag vom 1. bis zum 8. Oktober. In der Megapause lässt sich touristisch und freizeitlich genügend anstellen, um dem Dienstleistungssektor dringend benötigten Schub zu verpassen, hoffen die Wirtschaftsplaner. Erste Transaktionsdaten zu Reisebewegungen sind vielversprechend. Wie aber sieht es mit Ausgabefreudigkeit aus? Hier gibt das Mondfest für sich genommen einigen Aufschluss zu Konsumverhalten und Geschäftsklima. Geschielt wird auf Umdrehungen bei einschlägiger Backware.

Erlesenes Firmengeschenk

Mondkuchen sind kalorienreich, symbolträchtig und bedeutungsschwer. Vor allem als Geschenkartikel für Belegschaft und Geschäftskunden. Das Spektrum reicht vom billigen Sattmacher bis zum hochdekorativen Luxusartikel, mit dem sich Eindruck schinden lässt. Die China Association of Bakery and Confectionery Industry siedelt den Jahresausstoß bei schlanken 300.000 Tonnen an. Der Branchenumsatz soll trotz zäher postpandemischer Konjunktur stetig auf 30 Mrd. Yuan (3,6 Mrd. Euro) in 2024 angewachsen sein. Diesmal läuft es weniger rund. Die Mondkuchen-Prognose von iiMedia Research liegt bei einem Rückgang um 6% auf 28 Mrd. Yuan.

Schmalere Budgets

Die Branche zeigt sich nicht nur von fühlbar reduzierten Firmenbudgets für Mondkuchenverteilung, sondern auch vom Trend zum Consumer Downgrading der privaten Haushalte angefressen. Die Geschenktradition mit besonders aufwendig verpackten Designer-Mondkuchen wird unterlaufen. Kaum einer ist noch bereit, zur Schachtel jenseits von 500 Yuan (etwa 60 Euro) zu greifen. Früher lag die Schmerzgrenze doppelt so hoch. Der Verkaufsschwerpunkt bei Geschenkpackungen, die für gut 80% des Marktes aufkommen, liegt bei nur noch bei 120 bis 180 Yuan.

Generation Z will es gesund haben

Chinas Konsumforscher wissen warum. Die trendbestimmende Generation Z setzt auf Eigenverwöhnung, hat mit Beschenkungsriten weniger am Hut und gibt eine ganz neue Stoßrichtung vor. Nach über tausendjähriger Mondkuchengeschichte beginnend in der Song-Dynastie sollen die Dinger plötzlich vor allem gesund sein. Verlangt wird zuckerarme und fettreduzierte Ware mit kreativen Geschmacksrichtungen. In diesem Jahr sind schwarzer Trüffel, Serrano-Schinken, Oolong Tee und Goji-Beere angesagt. Alles, was mit Modegetreide wie Hafer, Quinoa oder Chia-Samen versetzt ist, läuft bestens.

Margenkiller

Marktführer Guangzhou Jiujia hat den Braten gewittert und sein Sortiment auf jüngere Befindlichkeiten umgestellt. In Schanghai ging die Aktie trotz starker Börsenrally seit Septembermitte auf Talfahrt. Der neue Trend ist nicht nach dem Geschmack der Investoren. Die Marge leidet, wenn die Verbraucher nur noch für Inhalt und Wellness-Charakter von Mondkuchen, nicht aber für Pappe und Verpackungs-Schnickschnack eines überteuerten Luxusguts bezahlen wollen.

Notiert in Schanghai

Chinas abgekühlte Mondkuchenschlacht

Von Norbert Hellmann